Bild nicht mehr verfügbar.

Peter Wawerzinek hat den Bachmannpreis 2010 gewonnen und gibt für heuer letzte Tipps.

Foto: REUTERS/Herwig Prammer

Wien - "Halt bloß die Fresse! Keine Witze während der Lesung! Davor nicht und danach nicht! Und saufe nur im Hotel!", rät der Schriftsteller Peter Wawerzinek 2009 seinem Kollegen Karsten Krampitz vor dessen Antreten beim Bachmannpreis in einem Brief. Wawerzineks Imperative mögen zugespitzt sein, als gänzlich falsch haben sie sich für diesen Literaturwettbewerb nicht erwiesen. Es werden rund 14 von sieben Juroren eingeladene Autoren im Klagenfurter ORF-Theater lesen und sich vor Publikum einer Jurydiskussion stellen.

Es gehört zu den ungeschriebenen Gesetzen des Bachmannpreises, dass der Autor die Jurydiskussion wort- und widerspruchslos hinzunehmen hat, besser keine lustigen Texte liest, weil diese zwar die Herzen des Publikums, selten aber jene der Jury gewinnen, und mit dem Alkohol ist es sowieso so eine Sache - nicht nur in der Literatur. In seiner bewegten Geschichte ist der Klagenfurter Wettbewerb schon mit vielen Zuschreibungen versehen worden. So vergleichen manche den Bewerb mit russischem Roulette, das die Autoren spielen, andere sehen in ihm wahlweise eine Literaturbetriebs-Landschulwoche, eine Castingshow oder das freiwillige Antreten zur standrechtlichen Erschießung.

Fakt bleibt, dass es sich beim Bachmannpreis um eine der wenigen Literaturveranstaltungen handelt, deren Ausstrahlung den gesamten deutschsprachigen Raum erfasst - nicht nur wegen der fünf Preise, die mit insgesamt 54.500 Euro dotiert sind.

"Gleiches Ritual, neue Tränen", meint Tex Rubinowitz dazu in seinem neuen Buch "Rumgurken", in dem ihn eine seiner "Reisen ohne Plan, aber mit Ziel" auch zum Bachmannpreis führt. Er hat nicht unrecht, wirklich verblichen wäre der oft schon totgesagte Bachmannpreis wohl erst, wenn nicht mehr über ihn gestritten, geflucht und gespottet würde.

So wird also auch heuer wieder gelesen, diskutiert und anschließend über die Diskussion diskutiert werden. Etabliert hat sich auch das Neben- oder Gegenprogramm im nahe dem ORF gelegenen Lendhafen, wo vom 5. bis 7. Juli tagsüber das Bachmannpreis-Public-Viewing sowie am Donnerstag und Freitagabend Literatur-DJings stattfinden.

Eröffnet wird der Wettbewerb am Mittwoch (20.30 Uhr) von Ruth Klüger, deren "Rede zur Literatur" unter dem Titel "Der haltbare Satz im Bimbam der Worte: Ingeborg Bachmanns Wahrheit und Dichtung" steht. Ab Donnerstag, 10.15 Uhr, geht es dann mit den Lesungen los. Neben den Österreichern Leopold Federmair, Isabella Feimer und Cornelia Travnicek werden Sabine Hassinger, Lisa Kränzler, Inger-Maria Mahlke, Stefan Moster, Olga Martynova, Matthias Senkel, Andreas Stichmann aus Deutschland und der in der Schweiz lebende Klagenfurter Hugo Ramek, Matthias Nawrat sowie Simon Froehling und Mirjam Richner lesen.

Die Jury bleibt bis auf Cornelia Caduff, die Alain Claude Sulzer ersetzt, unverändert. So wie der Termin des Bachmannpreises, der wie schon 2011 wegen des Ironman-Triathlons um eine Woche verschoben wurde. Oben erwähnter Krampitz hat in einem Brief an Wawerzinek (die Korrespondenz der beiden ist unter dem Titel "Crashkurs Klagenfurt. Poesie und Propaganda" in Buchform erschienen) die Lösung für dieses Dilemma gefunden. Denn beide Bewerbe ergänzen sich laut Krampitz bestens: "Das Wettlesen als vierte Disziplin, am besten gleich nach dem Marathon (...)!" (Stefan Gmünder, DER STANDARD, 4.7.2012)