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15.000 Euro winken, wenn man drei Jahre lang für die "Freiwilligen-Miliz" zur Verfügung steht.

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Mit diesem Inserat wirbt das Verteidigungsministerium um Milizionäre.

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"Starker Einsatz, gut bezahlt", heißt es auf den Inseraten, mit denen Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) um freiwillige Milizsoldaten bei den Pionierkompanien in Niederösterreich und Salzburg wirbt. Zu den Aufgaben der Helfer sollen Einsätze bei Hochwasser oder Lawinenunglücken zählen, es winkt eine fixe Prämie von 5.000 Euro pro Jahr. Bedingungen für die Aufnahme: Man darf nicht älter als 42 sein, muss körperlich fit und in guter psychischer Verfassung sein. Für männliche Bewerber gilt es, den Grundwehrdienst abgeleistet zu haben. Frauen müssen einen mindestens sechsmonatigen militärischen Ausbildungsdienst absolviert haben.

1.200 Interessenten

Die Bewerber verpflichten sich, einmal im Jahr für rund zwei Wochen für Übungen zur Verfügung zu stehen. Sollte es zu Einsätzen kommen, müssen sie innerhalb von 48 Stunden abrufbar sein. 

Insgesamt werden 230 Personen gesucht. Bisher haben sich laut Oberst Bruno Deutschbauer vom Landesmilitärkommando Niederösterreich bereits mehr als 1.200 Interessenten gemeldet. Das Auswahlverfahren läuft gerade, geprüft wird etwa, ob man 25 Liegestütze am Stück schafft. Im November sollen erste Formierungsübungen stattfinden. Das Pilotprojekt ist vorerst für drei Jahre angesetzt.

Verzicht auf Systemerhalter

Die "Freiwilligen-Miliz" ist eines von drei Pilotprojekten, deren Einführung Darabos im Jänner angekündigt hat. Neben den Milizsoldaten wird in mehreren Gebäuden, darunter einige Amtsgebäude und das Ministerium selbst, auf die Verwendung von Grundwehrdienern als Systemerhaltern verzichtet. Ihre Aufgaben als Köche, Fahrer und dergleichen werden andere ausüben. Versuchsweise wird außerdem das Jägerbataillon 25 in Klagenfurt als "Musterverband" aufgestellt. Das Bataillon soll bis Mitte 2014 neben den bereits bestehenden 150 Berufssoldaten über rund 350 weitere Berufs- und Zeitsoldaten verfügen. 

Kritik von Freiwilligenorganisationen

Nicht überall stoßen diese Pilotprojekte auf Anklang. Bei Feuerwehr und Rettung etwa ist man darüber empört, dass freiwillige Milizsoldaten mit Geld angelockt werden. "Wir verstehen unter dem Begriff 'freiwillig' etwas anderes", sagt Andreas Zenker vom Roten Kreuz Niederösterreich. "Wir schreiben dem Bundesheer aber nicht vor, wie es seine Leute zu rekrutieren versucht." 

Der Vorarlberger Landesfeuerwehrkommandant Hubert Vetter spricht von einer "schiefen Optik". Darabos würde - indem er mit diesem Beispiel vorangehe - Freiwilligenarbeit gefährden. Der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) schlägt in dieselbe Kerbe. Er spricht in einer Aussendung von einer "Zweiklassengesellschaft beim ehrenamtlichen Engagement", die Darabos mit dem Freiwilligen-Bonus schaffe.

ÖVP: Falsche Zahlen

Auch ÖVP-Wehrsprecher Oswald Klikovits ist alles andere als glücklich mit den Pilotprojekten. Er wirft dem Verteidigungsminister vor, mit falschen Zahlen zu spielen, wie er im Gespräch mit derStandard.at sagt. "Der Minister kommt auf Kosten von zehn Millionen Euro für die nächsten drei Jahre. Unsere Berechnungen, die auf kürzlich gemachten Angaben von Darabos selbst beruhen, ergeben eine ungleich höhere Summe von über 40 Millionen Euro."

Stefan Hirsch, Sprecher von Darabos, weist die Vorwürfe zurück. "Wir schätzen seriöserweise die Kosten, die sich durch die Pilotprojekte zusätzlich ergeben", sagt er zu derStandard.at. So werde durch die Pilotprojekte das Personalbudget des Bundesheeres nicht überschritten. Hirsch bleibt dabei: "Zehn Millionen Euro sind die geschätzten Zusatzkosten durch die Pilotprojekte für die kommenden drei Jahre."

Zurechtgerechnet

Hirsch stellt sich die Frage, wieso die ÖVP "krampfhaft gegen die Pilotprojekte und damit zusätzliche Mittel für die Soldaten ist". Klikovits würde sich die Pilotprojekte "für seine eigene politische Kommunikation zurechtrechnen". 

Doch der ÖVP-Wehrsprecher empört sich auch darüber, dass Darabos mit dem Freiwilligen-Bonus für Unmut in anderen Organisationen sorgt: "Es ist nicht einzusehen, warum Feuerwehren freiwillig arbeiten sollen, Milizsoldaten aber nicht."

Miteinander, nicht gegeneinander

Der Minister verneinte am Donnerstag im Nationalrat, dass die zusätzlichen Mittel für die Miliz zu einer Wettbewerbsverzerrung gegenüber anderen Freiwilligenorganisationen führen würden. In seinen Augen solle es trotz des Bonus ein Miteinander und kein Gegeneinander geben. (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 6.7.2012)