Im "Österreich-Konvent" soll von der Größe des Parlaments bis zum Beamtentum nichts tabu sein

montage: derStandard.at

Eine weitaus schlankere Bürokratie, weniger Beamtentum und klarere Verantwortlichkeiten: So sieht die Utopie eines besseren Staates aus. In der österreichischen Realität jedoch spießen sich Reformen nicht nur am Beharrungsvermögen der Institutionen, sondern vor allem auch zwischen Bund und Ländern. der STANDARD entwirft (auf Grundlage bisheriger Diskussionsbeiträge der Konventsmitglieder) ein mögliches Szenario, wie Österreich in Zukunft verwaltet werden könnte. Am Montag beginnt die erste Konventssitzung.

Volksvertretung: Der Nationalrat könnte von bisher 183 Mandataren auf beispielsweise 100 verringert werden - dazu bräuchte es nicht einmal einen Zweidrittelbeschluss. Eine zentrale Vorgabe zur Verkleinerung von Landtagen wird der Bund wohl kaum wagen - das dürfen die Länder bei Bedarf aber auch selbst regeln. Der Bundesrat könnte abgeschafft und durch eine aufgewertete Landeshauptleutekonferenz ersetzt werden.

Länderrechte: Die Länder werden Kompetenzen an den Bund verlieren. Als Ausgleich bekommen sie "Zuckerln", beispielsweise ihr eigenes Wahlrecht, womit sie etwa die Direktwahl eines Landeshauptmannes bestimmen könnten. Skurriles, wie die Zustimmung des Bundes zur Ernennung von Bezirkshauptmännern, wird fallen. Doch der Bund wird dafür künftig beispielsweise ein einheitliches Anlagenrecht vorgeben (Genehmigung zur Aufstellung von Betriebsanlagen). Vereinheitlicht wird das Tierschutzrecht (ein ÖVP-Wahlkampfversprechen). Anderes, etwa Jugendschutz oder Sozialhilfe, bleibt Landessache, obwohl die Caritas seit langem ein bundeseinheitliches Sozialhilferecht verlangt.

Verfassung: Sie umfasst 3000 Seiten allein an Sonderbestimmungen (bis hin zu Weinlieferquoten) - zum Teil "eine Ansammlung von Kuriositäten", wie Konventsmitglied und "Aufgabenreform"- Experte Bernhard Raschauer sagt. Österreich hat quasi die fetteste Verfassung der Welt.

Justiz: Lange Instanzenwege könnten durch die Einrichtung von Landesverwaltungsgerichten kürzer werden.

Beamte: Pragmatisierungen sollen sich nur mehr auf ganz wenige Bereiche beschränken.

Schulverwaltung: Die Funktion der neun Landesschulratspräsidenten (samt ihrer Vizes) könnte abgeschafft werden (schließlich gibt es auch noch für Schulen zuständige Landesräte). Die Landesschulräte sollen kleine, nachgeordnete Dienststellen des Bildungsministeriums werden. Die proporzmäßig besetzten Kollegien werden aufgelöst. Die Bezirksschulräte könnten in die Bezirkshauptmannschaft integriert werden.

Finanzausgleich: aus der Sicht Raschauers einer der größten Brocken. Verantwortungsträger sollen künftig auch die Budgetverantwortung haben, ist - kurz gefasst - das Ziel. Das jährlich neue Feilschen um Geld aus dem Bundesbudget soll in vernünftigere Bahnen gelenkt werden. So könnten die Länder etwa Budgethoheit für die Pflichtschullehrer bekommen (wovon sie nicht entzückt sind).

Staatspflichten: Der Konvent wird einen Katalog der ureigensten Pflichten des Staates erstellen. Dazu gehört zum Beispiel die Gesundheitsversorgung. In Bereichen wie Müllabfuhr oder Abwasserreinigung könnte hingegen noch mehr mit privaten Anbietern kooperiert werden.

Gewerbeordnung: Sie müsste in ein "Unternehmerzulassungsgesetz" umgewandelt werden, das dann "Nebengesetze" wie etwa ein eigenes Tanzschulgesetz überflüssig machen würde. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.6.2003)