Wien - Viele Segnungen des typischen österreichischen Angestelltenlebens gehen an den Selbstständigen vorbei. Das musste auch Petra F., eine gut bezahlte PR-Spezialistin, erfahren, als ihr langjähriges selbstständiges Vertragsverhältnis mit einem Unternehmen zu Brüche ging:

Eigentlich war F.s Verhältnis zu der Firma wie ein gängiges Angestelltenverhältnis - nur dass F. als "Neue Selbstständige" jeden Monat eine Honorarnote an ihren Arbeitgeber ausstellte, sich selbst versicherte und Sozial-, Pensions- und sonstige Abgaben selbst abführte. Als sich das Unternehmen von ihrer "freien Mitarbeiterin" trennte, hätte F. rückwirkend auf ein Anstellungsverhältnis klagen können - tat dies aber nicht, mit der Überlegung, dass eine gütliche Trennung besser sei und das Unternehmen irgendwann in Zukunft ihre Dienste vielleicht wieder in Anspruch nehmen würde.

Ernüchterung nach der Freistellung

Die erste Ernüchterung nach Freistellung kam sofort: Als Selbstständige hatte F. keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Auch Arztbesuche begannen sofort an den Ersparnissen zu zehren, da bei jedem Arztbesuch bislang 20 Prozent der Behandlungskosten zu bezahlen sind. "Da denkt man inständig: Nur nicht lange krank werden."

Das Problem mit hohen Selbstbehalten wurde zuletzt auch der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft zu heiß. Nachdem bekannt wurde, dass eine Wiener Ein-Personen-Unternehmerin, eine Grafikerin, sich die Selbstbehalte für ihre Krebs-Behandlung nicht hatte leisten können und die Therapien deshalb abbrechen musste - wurde eine Reform auf den Weg geschickt: Selbstbehalte bei ärztlichen und zahnärztlichen Behandlungen sollen künftig unter gewissen Bedingungen von 20 auf zehn Prozent der Arzt-/Spitalskosten gesenkt werden können. Christoph Leitl, SVA-Obmann, legt heute, Donnerstag, die Details dazu vor.

Auch gegen den gefürchteten Verdienstentgang gibt es mittlerweile ein Mittel. Seit Anfang 2009 kann man bei der Sozialversicherungsanstalt eine "freiwillige Arbeitslosenversicherung" abschließen, bei der Selbstständige bei typischen Verdienstentgangsfällen in den Genuss eines Arbeitslosengeldes kommen. Bei einem monatlichen Beitrag von 74,03 Euro erhält man im Fall der Fälle ein tägliches Arbeitslosengeld von 19,86 Euro. Die recht komplizierten Regeln und langen Fristen haben es mit sich gebracht, dass bis dato nur rund 900 Selbstständige eine solche Versicherung eingegangen sind. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, 19.7.2012)