Brüssel - Schutzmaßnahmen gegen "gentechnische Verunreinigungen" - etwa die Einrichtung von gentechnikfreien Zonen - dürften künftig in der EU erlaubt werden. Die Mitgliedsstaaten sollen die Möglichkeit erhalten, "geeignete Maßnahmen zu setzen, um gentechnische Verunreinigungen in gentechnikfreien Produkten zu vermeiden". Darauf haben sich EU-Parlament und EU-Rat geeinigt.

Schutzzonen

Nach dem Plan, so die deutsche Europaparlamentarierin Hiltrud Breyer (Grüne) vor Journalisten, können beim Anbau von gentechnisch veränderten Produkten (GMO) "Schutzzonen" eingerichtet werden, um Verunreinigungen in der traditionellen Landwirtschaft durch Pollenflug oder Auskreuzung zu verhindern. Die entsprechende Änderung der EU-Freisetzungsrichtlinie solle bereits ab August dieses Jahres in Kraft treten.

Anleitung zur Koexistenz

Dabei gehe es um das Recht des Konsumenten auf Wahlfreiheit und das Recht des Landwirtes, konventioneller Bauer oder Biobauer zu bleiben. Ganz Österreich werde auf Basis dessen zwar nicht zur gentechnikfreien Zone erklärt werden können. Auch die Chance auf Einrichtung gentechnikfreier Bundesländer sieht die Europaabgeordnete nicht. Zumindest in einzelnen Regionen könnte aber, wenn die Gebiete dies umfassend ausargumentierten, der Anbau von GMOs verhindert werden, sagt Scheele.

Derzeit tatsächliche Verhinderung nur durch Freisetzungsrichtlinie

Derzeit überlässt die EU-Kommission den Mitgliedstaaten zwar bereits theoretisch die Wahl, Maßnahmen zur Ermöglichung des parallelen Anbau von getechnisch veränderten, konventionellen und biologischen Produkten (Koexistenz) zu setzen. De facto sei aber die tatsächliche Verhinderung des Anbaus von GMOs derzeit durch die Freisetzungsrichtlinie verboten, meint Breyer.

Die deutsche Grüne erwartet, dass nach der Änderung nicht nur Österreich, sondern zumindest auch Deutschland und Italien Maßnahmen ergreifen werden. Wie diese konkret aussehen können, wird im neuen EU-Gesetz vorerst nicht geregelt. Die EU-Kommission soll eine "Anleitung" zur Ermöglichung von Koexistenz ausarbeiten.

Neues Kennzeichnungsgesetz

Die Änderung der gesetzlichen Bestimmungen erfolgt im Zuge des neuen europäischen Kennzeichnungsgesetzes, das nächsten Mittwoch im EU-Parlament beschlossen werden soll. Demnach müssen künftig alle Futter- und Nahrungsmittel, bei denen gentechnisch veränderte Produkte zur Herstellung verwendet wurden, gekennzeichnet werden.

Betroffen sind davon auch Zucker oder Öl, die bisher nicht gekennzeichnet werden mussten, wenn ihr Ausgangsprodukt gentechnisch verändert wurde, selbst wenn die Veränderung im Endprodukt nicht mehr nachweisbar ist. Lediglich technisch unvermeidbare oder zufällige Verunreinigung von bis zu 0,9 Prozent sind künftig von der Kennzeichnung ausgenommen.

"Mogelpackung verhindern"

Eine "Mogelpackung", meint Hiltrud Breyer, werde dadurch künftig verhindert. Verbraucher könnten in Zukunft selbst entscheiden, ob sie Gentechnik wollen oder nicht. Von der "Wiege bis zur Bahre" werde damit eine Kennzeichnung gewährleistet. (APA)