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Einen Blick über den Tellerrand der Open-Source-Entwicklung lieferte die Samstags-Keynote, der derzeit in A Coruña abgehaltenen GNOME-Konferenz GUADEC. Dafür verantwortlich zeichnete Alex "Skud" Bayley, die seit den frühen Neunziger Jahren in zahlreichen Open-Source-Communitys aktiv war, selbst an diversen Projekten mitentwickelte und sich für die Nutzung von freier Software starke machte.

Umbruch

2007 folgte dann allerdings ein abruptes Ende dieser Aktivitäten, und dies aus einem sehr konkreten Grund, wie Bayley betont: Eines Tages sei ihr klar geworden, dass man eigentlich bereits alles erreicht habe, wofür man sich jahrelang - gegen die anfänglich wirklich massiven Widerstände - stark gemacht hat. Open Source wäre längst zum anerkannten Mainstream geworden.

Open Data

Also wandte sie sich in Folge lieber neuen Themen zu, und dabei dem Versuch die Konzepte von Open Source auf unterschiedlichste andere Bereiche auszudehnen. So war sie etwa als Angestellte der - später von Google übernommenen - Firma Metaweb an der Kreierung der freien Wissensdatenbank Freebase beteiligt. Dabei habe sie schnell festgestellt, dass im Bereich "Open Data" 2008 eine Fülle sehr ähnlicher Fragen aufgeworfen wurden, mit denen man sich in der Open-Source-Bewegung bereits 1998 herumgeschlagen habe. So seien auch dort etwa Daten ohne die richtige Lizenz schlich nutzlos, also musste man hier Lösungen finden. Zudem gab es zunächst keinerlei Vorstellung, in welcher Form die Daten eigentlich veröffentlicht werden sollen. Hier habe man viel von den Open-Source-Erfahrungen profitieren können.

Alles "offen"

Doch Open Data sei natürlich nicht die einzige verwandte Bewegung, mittlerweile gebe es eine riesige Fülle an weiteren vergleichbaren Initiativen in unterschiedlichsten Gesellschaftsbereichen. Die Bandbreite umreißt "Skud" von Hackerspaces und der Maker-Community bis zu Open Education, Urban Gardening oder auch Initiativen, die sich für ein offenes Gesundheitssystem stark machen. Alle von der gleichen Idee getragen: Die Barriere für den Zugang zu Informationen und dem Erlernen von Fertigkeiten signifikant abzusenken. Selbst in den politischen Aktivismus hätten ähnliche Konzepte längst Einzug gehalten, wie die Kampagnen gegen ACTA, SOPA oder auch für eine Copyright-Reform verdeutlichen würden.

Austausch

Insofern würden sich viele Möglichkeiten für die Open-Source-Bewegung ergeben, die gesammelten Erfahrungen mit anderen zu teilen. Viele Konzepte, etwa das Prinzip "Release early, release often" seien für die EntwicklerInnen längst Alltag - in anderen Communitys müssten diese aber erst mühsam wieder neu gelernt werden. Von einem solchen Gedankenaustausch könnte aber auch die Open-Source-Bewegung selbst profitieren, immerhin habe man selbst mit so manchen Defiziten zu kämpfen, die es in vergleichbaren offenen Bewegungen nicht gibt. Als Beispiel verweist sie auf das relativ enge Altersschema - meist irgendwo zwischen 20 und 40 Jahren - in dem sich die Open-Source-Community bewege. Auf welche Weise man Personen außerhalb dieser Rahmens einbinden könne, überlege man meist gar nicht mehr. Dabei spräche doch beispielsweise nichts dagegen, dass Open Source auch für 12-jährige Kids ein spannendes Betätigungsfeld sein könnte.

Erinnerung

Zudem könne so ein Austausch auch dazu dienen, sich gewisse Dinge wieder einmal etwas bewusster in den Kopf zu rufen. All diese offenen Initiativen verbinde nämlich eines: Ein grundlegende Unzufriedenheit mit dem Status Quo. Bei Open Source gehe es darum Software für alle zugänglich zu machen, offene Bildung wolle das gleiche mit der Wissensvermittlung erreichen, Wikileaks wiederum Regierungen zu Transparenz zwingen. Es wäre eine Fehler, den Umstand, dass es sich bei all dem um hochpolitische Aktivitäten handle, all zu leichtfertig auszublenden, so Bayley zum Abschluss. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 28.07.12)