Mit Strychnin, Eigelb und Brandy war Thomas Hicks während des Marathons 1904 in St. Louis derart erfolgreich erfrischt worden, dass der US-Amerikaner schließlich siegte. Dieser Cocktail war zwar nicht ausdrücklich verboten, steht aber doch am Beginn der Doping-Geschichte der Olympischen Spiele der Neuzeit. Dass das Thema schon während des ersten Londoner Wettkampf-Wochenendes aufpoppt, verwundert weniger als die Tatsache, dass sich Sportler noch mit steinzeitlichen Mittelchen wie anabolen Steroiden erwischen lassen.

Dem ertappten albanischen Gewichtheber Hysen Pulaku gebührt der Dank der Olympier, die den betriebenen Aufwand von tausenden Dopingproben gleich einmal gerechtfertigt sehen und mit geschwollenem Kamm drohen können, dass sie alle Doper erwischen werden. Werden sie natürlich nicht, was insofern schade ist, als im Prinzip großartigen Leistungen wie jener der Chinesin Ye Shiwen, die im längsten Lagenrennen zum Teil schneller kraulte als die besten Herren, ein Makel anhaftet. Alexander Winokourow, der Sieger des Radstraßenrennens, hat sich den Makel wenigstens selbst durch mehrere Dopingvergehen in der Vergangenheit verdient.

Schlimmere gibt's aber immer. In St. Louis hieß der Marathonsieger erst Frederick Lorz. Der New Yorker gab aber zu, Teilstrecken in einem Auto zurückgelegt zu haben. Zumindest eine solche Manipulation ist heute unmöglich. (Sigi Lützow, DER STANDARD, 30.7.2012)