Jung und intelligent und schön war Markus Rogan, als er aufgetaucht ist im österreichischen Sport, und bald war er auch reich, zumindest an Erfolgen. Gewiss hat er Briefe erhalten, vor allem aber zwei olympische Silbermedaillen in Athen 2004. Damals wurde er gar für sein Fairplay ausgezeichnet, weil er auf einen Protest verzichtete, obwohl seinem Bezwinger Aaron Peirsol in einem der beiden Finalläufe ein Wendefehler unterlaufen war. Rogan studierte in Stanford, konnte sich ausdrücken, blickte über den Becken- und den Tellerrand hinaus. Ein Glücksfall für den österreichischen Sport.

Der Schwimmer hat jahrelang in unzählige Mikrofone gesprochen und in unzählige Kameras gelächelt. Das kann einen jungen Mann schon aus der Bahn werfen. Rogan war am Ende immerhin so vif und reflektiert, das zu überreißen und eine Kehrtwendung zu vollziehen. Er ging nach Kalifornien zurück, wo er die Basis zu seinen Erfolgen gelegt hatte. Und dass er heute in London, acht Jahre nach Athen, wieder ums Finale und morgen vielleicht um eine Medaille schwimmt, ist schon bemerkenswert.

Aber die Eitelkeit ist ein Hund, Mikrofone und Kameras haben ihren Reiz. Immer wieder glaubt Rogan, seine Intelligenz beweisen zu müssen, immer wieder rutscht ihm etwas heraus. Als er in der Ö3-Frühstückssendung bei Claudia Stöckl schwadronierte, Intelligenz sei im Sport eher hinderlich, und die These mit Hermann Maiers Erfolgen untermauerte, hätte die nächste Frage unbedingt lauten müssen: "Herr Rogan, Sie sind seit vielen Jahren der erfolgreichste Sommersportler im Land, wie dumm sind Sie eigentlich?" Sie blieb leider aus.

Bei der Eröffnung trug Rogan, weil so erfolgreich, Österreichs Fahne. Er war froh, sich diese Ehre "nicht verhaut zu haben damit, was ich über all die Jahre gesagt und gemacht habe". Jetzt hat er wieder etwas gesagt. Die Aufregung sollte, selbst wenn sie da und dort medial noch so gewollt ist, eine enden wollende sein. Doch so, wie viele Reaktionen ausfielen, könnte man meinen, Rogan hätte an einem Denkmal gekratzt und gleichzeitig am Selbstverständnis der (Ski-)Nation. Besonders bemerkenswert war die Stellungnahme von ÖOC-Präsident Karl Stoss. Seine Aufgabe wäre es gewesen, sich als Teamchef, wenn man so will, vor die Mannschaft, also vor Rogan zu stellen, zu kalmieren. Doch Stoss goss Öl ins Feuer, nannte Rogans Aussage "nötig wie einen Kropf" und wunderte sich, "was da im Kopf vorgeht".

Im Oktober werden es drei Jahre sein, dass Stoss, der Leo Wallner zuvor schon als Casinos-Generaldirektor abgelöst hatte, auch als ÖOC-Präsident antrat. In dieser Zeit hat er sich kaum zur heimischen Sportpolitik geäußert. Dabei gäbe es viel zu sagen, etwa zur Sportinfrastruktur. Nur ein Beispiel: Die zwei herausragenden Schwimmer sehen sich gezwungen, oft bis permanent im Ausland zu trainieren, weil sie in Wien keine adäquaten Möglichkeiten vorfinden. Doch da mischt sich Stoss nicht ein.

Dinko Jukic, der zweite herausragende Schwimmer und wahrlich kein Freund des ersten, hat übrigens Verständnis für Rogan geäußert und diesen interpretiert. "So wie Markus es gemeint hat, hat er recht. Je mehr du das Hirn ausschaltest und je weniger du über Gegner und Rennen nachdenkst, umso bessere Chancen hast du." Natürlich hat Jukic im Umgang mit Rogan besonders viel Routine. Doch seine Gelassenheit wäre auch anderen gut zu Gesicht gestanden. (Fritz Neumann, DER STANDARD, 1.8.2012)