Moskau - Der Prozess um den umstrittenen Strafprozess gegen die russische Aktivistinnen-Gruppe "Pussy Riot" spaltet die russische Gesellschaft weiter. Ein Politiker der regierenden Partei Geeintes Russland und ein bekannter Geistlicher kritisierten öffentlich die Verhandlung.

"Symbol für Justizwillkür"

"Je länger der Prozess dauert, umso mehr wird er zum Symbol für Justizwillkür in Russland", schrieb der Politiker Waleri Fedotow aus St. Petersburg, der Heimatstadt von Präsident Wladimir Putin, in einem Internetblog. Er wolle zeigen, dass nicht alle in der Partei "solch mittelalterliche Fanatiker sind". Die Protestaktion der Frauen gegen Putin in einer Moskauer Kirche habe zwar viele gekränkt, sei aber kein Grund für eine Gefängnisstrafe, betonte Fedotow. Der Geistliche Andrej Kurajew sagte, auch in Kirchenkreisen gehe die Vermutung um, der Prozess sei von Putins Umfeld gesteuert.

Verteidigung verweist auf "gefälschte Anklage"

Die Verteidigung warf der Staatsanwaltschaft eine "gefälschte Anklage" vor. Einige Nebenkläger seien mit völlig identischen Aussagen zitiert, "bis hin zum gleichen Druckfehler", sagte ein Verteidiger. Richterin Marina Syrowa wies aber erneut einen Befangenheitsantrag gegen sich ab. Zudem räumte sie der Verteidigung nicht mehr Zeit zum Studium der 3.000 Seiten umfassenden Anklage ein.

Nadeschda Tolokonnikowa (22), Maria Aljochina (24) und Jekaterina Samuzewitsch (29) drohen wegen ihres Punk-Gebets gegen den damaligen Regierungschef und nunmehrigen Präsidenten Putin in der Moskauer Erlöserkathedrale "wegen Rowdytums aus religiösem Hass" je sieben Jahre Gefängnis. Sie waren von den Notärzten nach einer Untersuchung für verhandlungsfähig erklärt worden. Die Musikerinnen kritisieren die Strapazen des Prozesses als "Folter". (APA, 1.8.2012)