Honda Fireblade CBR 1000 RR

Motor: 4 Zylinder-4-Takt-Motor, 16 Ventile
Hubraum: 999 ccm
Leistung: 131 kW (178 PS) bei 12.000 U/min
Drehmoment: 112 Nm bei 8.500 U/min
Kraftübertragung: 6 Gang, Kette
Radaufhängung vorne: 43 mm USD-Teleskop-Gabel
Radaufhängung hinten: Unit Pro-Link-System, Balance Free Rear Cushion
Bremse vorne: Doppel-Scheibenbremse, Ø 320 mm, 4-Kolben, (optional C-ABS)
Bremse hinten: Scheibenbremse, Ø 220 mm, 1-Kolben, (optional C-ABS)
Reifen vorne: 120/70 ZR17M/C
Reifen hinten: 190/50 ZR17M/C
Gewicht vollgetankt: 200 kg (211 kg mit C-ABS)
Sitzhöhe: 820 mm
Preis: ab 16.490 Euro (Aufpreis C-ABS: 1.200 Euro)

+ Fescher Supersportler, der nicht nur auf der Rennstrecke eine gute Figur macht, sondern auch bei der gehetzten Tour.

- Für den Sieg auf der Rennstrecke fehlen ihr ein paar Pferde und die Traktionskontrolle.

Foto: Guido Gluschitsch

In der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre konnte man meinen, alles werde gut. Wurden doch mangelnde Leistung und wirklich schlechte Fahrwerke bis dahin durch Wahnsinn ausgeglichen – was viel zu oft tödlich endete, wenn der Bock bei 200 km/h zum Pendeln anfing, dass selbst Foucault große Augen bekommen hätte. 1985 begann die Ära der Supersportler. In Japan liefen Motorräder vom Band, die nur ein Ziel hatten: die beste Rundenzeit.

Das Fahrwerk verdiente zunehmend seinen Namen, die Motoren wurden immer stärker, und die Importeure beschränkten die Leistung ihrer Maschinen selber auf 100 PS. Zumindest bis zum Jahr 1998. Das größere Problem hatten aber die Helden von gestern, die Wilden auf den unbezwingbaren Eisen. Viele von ihnen stiegen zwar auf die neuen Supersportler um, die Rennen fuhren sie aber nicht auf der Renn-, sondern weiterhin auf der Hausstrecke.

Supersportler gehörten also bald zum ganz normalen Verkehrsmittel auf der Straße, obwohl sie immer weiter in Richtung Rennstrecke getrimmt wurden. Die Sitzposition wurde immer sportlicher, und halbwegs aufrecht durch die Stadt zu gondeln, hatte gefühllose Hände und einen schmerzenden Rücken zur Folge. Die Böcke sind in langsamen, engen Kurven nicht so einfach zu dirigieren wie hubraumkleine Big-Enduros.

Foto: Guido Gluschitsch

Heute sind die Straßenfahrer auf den Supersportlern zum Horrorbild vieler Motorradfahrer geworden. Vor allem wenn sie in kurzen Hosen, T-Shirt und Badeschlapfen ihre Tausender bewegen. Die Füße weit vorne auf den Rasten, den Popsch weit hinten am Sitzbankerl. Die blanken Arme streng durchgestreckt, sodass beim ersten Anblick klar ist, einlenken kann der Bock bei der Sitzposition sowieso nicht. Und das Bild spiegelt sich dann auch auf den eckigen Reifen. Kurzes Fazit: Ein Supersportler hat auf der Straße nix verloren.

Und dann sitz ich auf einmal auf der neuen Fireblade. Honda war einst Vorreiter im Supersport-Segment, das Maß der Dinge. Das Zepter mussten sie inzwischen aber aus der Hand geben. Sie halten mit 178 PS weder in Sachen Leistung, noch beim elektronischen Schnickschnack für die Rennstrecke mit. Ohne Traktionskontrolle steht ein Motorrad nur mehr dann ganz oben auf der Wunschliste, wenn der Bock 20 PS mehr als die Konkurrenz hat – und leichter ist als alle anderen.

Foto: Guido Gluschitsch

Allein mit dem Preis von 16.490 Euro hantelt sich Honda auf besagter Liste nach oben. Der – meiner Meinung nach – Klassenprimus BMW verlangt 19.433 Euro für die Kilosport, 18.999 Euro Yamaha für die R1. Dabei spielt die Honda eine Stärke aus, die andere Supersportler in dem Stil nicht erfüllen können: Sie schafft den Spagat zwischen Rennstrecke und ambitionierter Tour. Die Fireblade ist der Supersportler, der auch abseits des Rings Spaß macht.

Das liegt zum einen an der Sitzposition, die auch für längere Distanzen noch halbwegs human ist. Der seidig, aber mehr als kraftvoll ansprechende Motor gehört natürlich auch auf dieses Blatt. Das Sport-ABS ist selbst für einen ABS-Verachter wie mich ein Gedicht. Und während Kollegen vom teigigen Einlenkverhalten auf der Rennstrecke reden, lässt sich selbiges auf der Straße nicht nachvollziehen. Das Fahrwerk passt der Blade wie ein Handschuh, und das Styling ist heuer noch einmal schärfer geworden.

Foto: Guido Gluschitsch

Über den Ring zu donnern, lassen wir uns aber trotzdem nicht nehmen. Immerhin habe ich ja selbst behauptet, dass sie dorthin gehört. Aber die wirkliche Lieblingsstrecke der CBR 1000 RR ist dieser trotzdem nicht. Zwischen Oper und Burgtheater kommen wir aus dem ersten Gang nicht heraus. Der Blade ist heiß, ihr Hubschrauber vorm Kühler rennt auf Dauerbetrieb. Der Fireblader schwitzt genauso wie der Rollerblader drüben am Radweg. Schnell noch ein Beweisfoto, und dann lassen wir sie wieder fliegen, die Blade, über die Berge mit den langgezogenen Kurven – und gewichtsreduzieren die Kneepads. Weil dafür ist sie gemacht. Für die Rennstrecke, die Hausstrecke, aber sicher nicht den Ring. (Guido Gluschitsch, derStandard.at, 6.8.2012)