"Eva lädt ein": Eva beim Grillen, Eva im Windpark, Eva beim Heurigen, Eva beim Brunch. Glawischnig nämlich. Knapp sechs Wochen ist die Grünen-Chefin mit grünem Bus und großem Tross auf Tour durch Österreich. Frühstück mit Eva, Fußball spielen mit Eva, wandern mit Eva, radeln mit Eva. Ja, das ist ein bisschen viel Eva, aber Eva und die Grünen setzen eben auf Eva.

Seit Dienstag gibt es ein neues Sujet: rasen mit Eva.

Der Boulevard hat das begeistert aufgegriffen: Angeblich sei der Dienstwagen von Glawischnig mit 160 km/h auf der Autobahn unterwegs gewesen und habe auf der linken Spur gedrängelt. Es gibt ein Video. Die Grünen sagen, Glawischnig sei in ihre Arbeit vertieft gewesen, die Geschwindigkeitsübertretung nur minimal gewesen. Kein Grund zur Aufregung.

Aber der Schaden ist angerichtet. Knapp sechs Wochen wird die Frontfrau der Grünen auf ihrer Sommertour unterwegs gewesen sein, um ihre Botschaften unters Grün-affine Volk zu bringen, dann prangt in den Schlagzeilen: Glawischnig beim Rasen erwischt. Wasser predigen, Wein trinken. Pech gehabt. Kommunikationstechnisch ist das ein Fiasko.

Aber nur kurzfristig. Das Thema wird den Sommer nicht überleben. Viel schwieriger ist es, eine andere Wahrnehmung zu kommunizieren: Wie erklärt man den Leuten, sprich Wählern, dass die Grünen die Guten sind? Korruptionsmäßig: sauber. Aufdecken: vorne dabei. Umsetzen: sehr konstruktiv. Und wer mag das hören? Selbst in den eigenen Reihen macht sich Ermattung breit: Rolf Holub, außerhalb von Kärnten als Aufdecker gefeiert, wurde von den eigenen Leuten im vergangenen Jahr als Sprecher der Landesorganisation abgewählt. Zu viel Hypo, befanden die Parteifreunde, thematisch zu wenig breit aufgestellt. Schön dumm.

In Wien sind die Grünen in die Verkehrsfalle geraten: Der vermeintliche Kampf gegen die Autofahrer hat thematisch zu einer dramatischen Einengung geführt. Die Einführung des Parkpickerls ist richtig, aber das muss man auch erklären. Die Verschiebung der Bürgerbefragung ist jedenfalls eine Farce. Die Emotionalisierung des Radfahrens führt derzeit eher dazu, dass Feindbilder auf allen Seiten aufgebaut werden, da geht es nicht um ein Miteinander oder Nebeneinander, sondern um ein Gegeneinander. Das mündet dann in einen Unsinn wie der Debatte über Kennzeichen für Fahrräder.

Die Grünen tun sich schwerer denn je, ihre Kernthemen zu formulieren und zu transportieren. Anstatt an den Inhalten zu arbeiten und die Botschaften zu verdeutlichen, setzt die Parteiführung aber auf Personenkult: grillen und chillen mit Eva. Dass sich Glawischnig um Bürgernähe bemüht, ist ihr anzurechnen. Und keiner soll sagen, dass dies ein entspanntes Vergnügen wäre. Auch für die Tochter von Wirtsleuten ist das harte Arbeit.

Dennoch müssen die Grünen einen Zahn zulegen, abseits der Autobahn: Mit den derzeit prognostizierten und offenbar schon wohlwollend hochgerechneten 15 Prozent bleiben sie verlässlich in der Opposition.

Themen und Positionen müssen argumentiert und vertreten werden. Eva-Sein ist kein Programm. Die Grünen müssten zeigen, dass sie inhaltlich und auch personell breiter aufgestellt sind, in Klagenfurt, in St. Pölten, in Innsbruck, in Wien. Dass sie eine Partei und eine Bewegung sind, vielseitig, abwechslungsreich, multikulturell, Eva, Adam und andere. (Michael Völker, DER STANDARD, 8.8.2012)