Berlin  - Die Benachteiligung homosexueller LebenspartnerInnen bei der Grunderwerbssteuer bis zum Jahr 2010 verstößt in Deutschland gegen das Grundgesetz. Auch Altfälle müssen nachträglich bessergestellt werden, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss. Die Benachteiligung homosexueller Paare gegenüber EhepartnerInnen sei nicht zu rechtfertigen und verstoße gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes.

Eheleute müssen keine Grunderwerbssteuer bezahlen, wenn sie von ihrem/ihrer PartnerIn ein Grundstück kaufen. Seit August 2010 gelten nach einer Gesetzesänderung beim Grunderwerb die gleichen Steuerbestimmungen für LebenspartnerInnen und Ehepaare.

Weitere Gleichstellungen in Diskussion

Unterdessen drängen in Deutschland vor allem SPD und Grüne auf die steuerliche Gleichstellung homosexueller Partnerschaften. SPD-Fraktkionschef Frank-Walter Steinmeier kündigte eine parlamentarische Initiative an. "Dann werden wir sehen, ob die Unionsfraktion sich dazu bekennt." Das Gleichbehandlungsgebot im Grundgesetz verbiete jede Diskriminierung. Steinmeier reagierte auf einen Vorstoß von 13 CDU-Abgeordneten vom Montag, die sich ebenfalls für eine steuerliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher eingetragener Lebenspartnerschaften mit der Ehe einsetzen.

EhepartnerIn-Splitting gleich abschaffen?

Kritik kommt von der CSU. Allerdings gibt es auch in der SPD Stimmen, die für eine generelle Abkehr vom EhepartnerIn-Splitting werben und dieses durch eine steuerlichen Besserstellung von Familien mit Kindern ersetzen wollen. Für diese Lösung warb auch die rheinland-pfälzische CDU-Landesvorsitzende Julia Klöckner. Sie bezeichnete in der Zeitung "Die Welt" vom Mittwoch das Eheleute-Splitting in seiner bisherigen Form als "überholt" und plädierte für eine Neuregelung: "Das Ehegattensplitting sollte zu einem Familiensplitting erweitert werden."

Grüne gegen zwei Rechtsinstitute

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, wiederum hält den Vorstoß von CDU-Abgeordneten zur steuerlichen Gleichbehandlung homosexueller Lebenspartnerschaften mit Eheleuten für unzureichend. Auch die Ehe an sich müsse für lesbische und schwule Paare geöffnet werden, um den "Sonderweg mit der Lebenspartnerschaft zu beenden", forderte Beck im Deutschlandradio Kultur. Zwei Rechtsinstitute für dieselbe Sache bedeuteten zu viel Bürokratie, sagte Beck.

Zum Eheleute-Splitting sagte der Grünen-Politiker, es müsse für Lesben und Schwule das gleiche Steuerrecht wie für Heterosexuelle gelten. Zugleich sprach er sich für die Abschaffung dieser Besteuerungsart aus. Es bedürfe nur einer Kompensation für Unterhaltsverpflichtungen bei Ehe und Lebenspartnerschaft, aber keiner zusätzlichen Subvention. "Die finanziellen Ressourcen unseres Staates sollten wir darauf konzentrieren, Menschen, die Kinder real betreuen und versorgen, zu unterstützen - aber nicht den Trauschein oder die Eintragung beim Standesamt", sagte Beck. (APA)