Berlin - Die deutschen Regierungsparteien sind weiter uneins über eine steuerliche Gleichstellung von homosexuellen Lebenspartnerschaften mit Ehen. Als bisher einzige CSU-Politikerin schloss sich Dagmar Wöhrl dem Anliegen von 13 CDU-Abgeordneten an, das Ehegattensplitting auch bei Lebenspartnerschaften anzuwenden. Trotz der Ablehnung durch den bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Parteichef Horst Seehofer hofft Wöhrl auf eine offene Debatte innerhalb ihrer Partei. "Ich vertraue auf die Selbstfindungsprozesse der CSU, die am Ende doch meist zu richtigen Entscheidungen geführt haben", sagte sie der "Welt" am Donnerstag.

Für eine komplette Abschaffung des Ehegattensplittings plädierte die Vorsitzende des Familienausschusses im deutschen Bundestag, Sibylle Laurischk (FDP). Im Südwestrundfunk sagte sie, es sei nicht mehr zeitgemäß. Statt Ehepaare zu begünstigen, müssten Paare mit Kindern durch die Einführung eines "Familiensplittings" steuerliche Vorteile erhalten. Dabei dürfe die Politik nicht am "klassischen Familienbild" festhalten, sondern müsse den gesellschaftlichen Veränderungen mit Patchworkfamilien oder Kindern in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften Rechnung tragen, forderte die FDP-Politikerin.

Warnung vor "Aushandlung der Ehe"

Dagegen sprach sich CDU-Präsidiumsmitglied Karl-Josef Laumann gegen eine steuerliche Gleichstellung aus. In der "Westfalenpost" warnte der CDU-Fraktionsvorsitzende im nordrhein-westfälischen Landtag davor, die Stellung von Ehe und Familie auszuhöhlen. Im Kern müsse es darum gehen, welche Bedeutung die CDU dem Verfassungsrang von Ehe und Familie gebe. Laumann betonte, "eine Ehe ist mehr als eine Lebensgemeinschaft, die sich allein an steuerlichen oder finanziellen Maßstäben misst". Der Politiker forderte eine Beratung des Themas auf dem Bundesparteitag im Dezember.

Der Familienbund der Katholiken forderte unterdessen "angesichts veränderter gesellschaftlicher Realitäten und der Vielfalt der Familienformen" eine intensive gesellschaftliche Diskussion über die "Übernahme verbindlicher Verantwortung füreinander". Zudem müssten die Verantwortlichen sich damit befassen, wie Kinder in Zukunft steuerlich nachhaltig unterstützt und gefördert werden können, erklärte dessen Präsidentin Elisabeth Bußmann. Sie sprach sich für die Beibehaltung des Ehegattensplittings aus. "Ehepaare übernehmen eine besondere rechtliche Verantwortung füreinander und entlasten dadurch die Gesellschaft", so Bußmann. Es sei nur richtig, dass dies auch durch eine entsprechende steuerliche Behandlung anerkannt werde. (APA, 9.8.2012)