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Die OECD konnte Singapur schon besänftigen, nur die USA wollen weitere Informationen zu Kontoinhabern.

Foto: ap/Wong Maye-E

Wien/Zürich/Berlin - Die Schweizer Banken wehren sich gegen neue Vorwürfe aus Deutschland, Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu leisten. Die Schweizerische Bankiervereinigung und die Großbank UBS wiesen am Freitag Darstellungen zurück, sie würden deutschen Kunden helfen, Schwarzgeld vor dem Fiskus in Sicherheit zu bringen. Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans sprach im ZDF von Hinweisen der Steuerfahndung, dass "in großem Stil" darüber nachgedacht werde, wie deutsche Schwarzgelder bei Schweizer Banken "erhalten werden" könnten. Das deutsche Finanzministerium argumentierte, das umstrittene Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz würde viele dubiose Praktiken unterbinden. Der deutsche Bankenexperte Wolfgang Gerke sieht das Abkommen wegen des Streits mittlerweile stark gefährdet.

Österreich hat sich mit der Schweiz ebenfalls auf ein Abkommen zur Besteuerung von Konten von Österreichern in der Schweiz verständigt. Wien ist mit Bern schon weiter, das Steuerabkommen ist schon unterzeichnet und soll mit 1. Jänner 2013 in Kraft treten. Eine aus diesem Steuerfluss erhoffte "Schwarzgeld-Milliarde" hat Österreich ja im Haushalt budgetiert. In Wien sieht man das Inkrafttreten nicht mehr gefährdet.

In Wien weiß man nichts

Ob den Behörden in Wien ebenfalls Hinweise vorliegen, dass Schweizer Banken dabei helfen, unversteuerte Gelder von Österreichern in der Schweiz in andere Länder (Fernost, Liechtenstein etc) zu bringen? "Uns ist da nichts zu Ohren gekommen", sagte ein Sprecher von Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP). "Natürlich verfolgen auch wir Medienberichte in Deutschland. Sofern eine Bank das machen würde, also ihren Kunden empfehle oder aktive Unterstützung leiste, wie Steuerhinterziehung in Offshoreländer betrieben wird, "wäre das Beitragstäterschaft", so der Sprecher der Ministerin heute. Demnach könne man in strafrechtliche Ermittlungen auch Banken mit einbeziehen.

Der deutsche Bund und die schwarz-gelben Landesregierungen in Hessen und Niedersachsen kündigten heute an, sich - anders als in der Vergangenheit -, nicht mehr an den Kosten eines Ankaufs von Steuer-CDs aus der Schweiz zu beteiligen. "Es ist doch eine Schnapsidee zu erwarten, dass sich der Bund an Zahlungen, die er rechtlich für fragwürdig hält, auch noch beteiligt", sagte Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter der "Financial Times Deutschland" (FTD). SPD-Fraktionsvize Joachim Poß warf dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble daraufhin vor, sich vollends auf die Seite von Steuerhinterziehern zu schlagen.

Die "FTD" berichtete unter Berufung auf Unterlagen der Ermittler von Hinweisen, dass Schweizer Banken deutschen Steuerhinterziehern helfen, ihr Vermögen nach Fernost zu schleusen. "Wir haben erstmals eine Papierspur nach Singapur", zitierte die Zeitung einen Insider im Umkreis des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums.

"Gentlemen's Agreement"

Ein Sprecher der Schweizer Großbank UBS, die in Berichten der FTD in diesem Zusammenhang genannt wurde, versicherte: "Wir bieten nicht Hand zur Steuerhinterziehung." In einer Erklärung der Bank hieß es darüber hinaus, diese sei von den deutschen Behörden bisher nicht informiert worden, "ob und gegebenenfalls um welche UBS-Daten es sich genau handelt", die auf den neu angekauften Steuer-CDs enthalten sein sollen. Eine Sprecherin der Schweizerischen Bankiervereinigung verwies auf ein "Gentlemen's Agreement", nach dem die Institute des Landes keine Maßnahmen ergreifen, um das ausgehandelte Steuerabkommen zu umgehen. "Dazu gehört auch, dass die Banken den Kunden nicht aktiv helfen, ihr Geld in andere Länder zu verschieben", sagte sie. Sie sei überzeugt, dass sich die Banken daran hielten.

Das deutsche Finanzministerium wies darauf hin, dass Deutsche, die ihr Schwarzgeld in Drittstaaten wie Singapur verschöben, auch nach dem Inkrafttreten des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens hohe Nachzahlungen und Strafen riskierten. Zudem habe Deutschland mit vielen als Steueroasen geltenden Ländern Abkommen über einen steuerlichen Informationsaustausch. Mit Singapur liefen entsprechende Verhandlungen. Etliche Modelle zur Verschiebung von Schwarzgeld würden mit dem Abkommen illegal.

Die SPD, die dem Steuerabkommen im Bundesrat zustimmen muss, lehnt die gegenwärtige Vorlage ab. Der SPD-Politiker Walter-Borjans bemängelte: "Es kann nicht sein, dass diejenigen, die nachversteuern, nur einen Bruchteil dessen nachversteuern müssen, was der ehrliche Steuerzahler bezahlt hat." Ebenfalls nicht hinnehmbar sei, dass Steuerhinterzieher im laufenden Jahr noch mit Hilfe Schweizer Banken ihr Geld auf Konten in anderen Ländern oder in andere Anlageformen schleusen könnten. Auch dürften Deutsche, die künftig ihr Geld in die Schweiz brächten, nicht sicher vor Ermittlungen sein.

Während Walter-Borjans den Ankauf von Steuer-CDs bestätigte und ihn als normalen Vorgang zur Verfolgung von Straftaten bewertete, nannte Gerke das Vorgehen NRWs "sehr problematisch". Die Vorsitzende des Finanzausschusses, Birgit Reinemund (FDP), erklärte, sollte sich bestätigen, dass Schweizer Banken Schwarzgeld-Verschiebungen unterstützten, sei das "nicht akzeptabel". Sie warf Walter-Borjans aber vor, er erkläre "Hehlerei mit illegal beschafften Daten" zum gängigen Geschäftsmodell. Die Deutsche Steuergewerkschaft forderte, 11.000 Finanzbeamte für den Kampf gegen Steuerhinterziehung neu einzustellen, wie ihr Chef Thomas Eigenthaler der "Rheinischen Post" sagte.

Keine offizielle Meldung

Über mutmaßliche Österreicher auf den vom deutschen Bundesland NRW neu gekauften Steuer-CDs aus der Schweiz machte das Finanzministerium in Wien heute keine Angaben. Es sei keine offizielle Meldung erfolgt, sagte der Ministerin-Sprecher. Wenn Österreicher dabei wären, würden diese Daten im Zuge der Amtshilfe - wie 2008 bei der "Liechtenstein-CD" - an Österreich weitergeleitet werden. Auf dieser damaligen Liechtenstein-Datei waren 144 Stiftungen und 140 Einzelpersonen aus Österreich. Von letzteren hatten sich 68 schon im vorhinein selber angezeigt. 43 weitere Selbstanzeigen kamen von Steuersündern, die nur fürchteten, drauf zu sein. 25 Mio. Euro an Nachzahlungen hat dem heimischen Fiskus die Auswertung der CD zum Stand Ende 2010 gebracht. (APA, 10.8.2012)