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Protest gegen Privatisierung: Angestellte der Postbank in Athen sind auf der Straße. Neben der Wettspiele-Gesellschaft Opap möchte die griechische Regierung die Staatsanteile bei der Bank loswerden.

Foto: AP/Thanassis Stavrakis

In der Athener Koalition geht es bei den Sparmaßnahmen, von denen Griechenlands Verbleib in der Eurozone abhängt, nun eher rückwärts als vorwärts. Mit einer kurzfristigen Anleihe in Milliardenhöhe versucht sich die Regierung über die Runden zu retten.

 

Athen - Erst haben sie über die Sparmaßnahmen gestritten, dann über den besten Zeitpunkt, an dem Griechenland von seinen Kreditgebern die Streckung der Maßnahmen fordert. In der fünften Woche der Diskussionen in der Athener Regierungskoalition ist die Einigung über den Katalog an Kürzungen eher kleiner als größer geworden. Premier Antonis Samaras ist nun erst einmal in den Urlaub in sein Heimatstädtchen Pylos an der Südwestspitze des Peloponnes gefahren.

Dabei hängt für das hochverschuldete Griechenland von der Vorlage eines überzeugenden Sparkatalogs von 11,5 Milliarden Euro alles ab: die nächste große Tranche des Rettungskredits, die Bewertung durch die Troika, der Verbleib in der Eurozone. Hieß es Anfang August noch, Finanzminister Yiannis Stournaras hätte zehn der 11,5 Milliarden an Einsparungen gefunden, ist der Minister mittlerweile wieder auf 6,5 Milliarden heruntergefallen. Pasok und Demokratische Linke (Dimar) zieren sich. Sie stützen die von der Nea Dimokratia geführte Koalition nur von außen: Pasok-Chef Evangelos Venizelos hat einen der Partei gewogenen Umweltminister und einen Minister für die öffentliche Verwaltung benannt, Dimar-Chef Fotis Kouvelis den Justizminister. An den Kabinettssitzungen nehmen die Juniorpartner der Koalition nicht teil, doch die Beschlüsse der Regierung stellen sie im Nachhinein sehr wohl wieder zur Disposition.

Mit einer Schuldverschreibung in Rekordhöhe will Griechenland nun zunächst aber versuchen, seine drängendsten Finanzprobleme vom Tisch zu schieben: die Rückzahlung von Anleihen bei der EZB in Höhe von 3,2 Milliarden Euro, die am 20. August fällig werden. Heute, Dienstag, versteigert die Regierung deshalb T-Bills für 3,12 Milliarden Euro und mit einer Laufzeit von 13 Wochen. Das Finanzministerium hofft auf Einnahmen von rund fünf Milliarden; der Zinssatz für die Regierung lag bei den vorhergehenden Versteigerungen bei 4,3 bis 4,6 Prozent. Von der Aufnahme längerfristiger Anleihen auf den Finanzmärkten ist Griechenland seit 2010 ausgeschlossen.

Tiefer Schnitt bei Pensionen

Bei den neuen Sparmaßnahmen, die Griechenlands Bürger treffen werden, geht es vor allem um weitere Kürzungen der Pensionen von Staatsbediensteten. Die anvisierten Einschnitte sollen nun offenbar sehr viel tiefer ausfallen als Anfang des Monats aus den Koalitionssitzungen kolportiert. Anstelle einer Deckelung relativ hoher Pensionen ist von gestaffelten Kürzungen die Rede: um drei Prozent bei Pensionen ab 700 Euro bis zu Kürzungen um 15 Prozent ab einem Altersgeld von mehr als 1400 Euro. Einig sind sich die Koalitionspartner darüber aber immer noch nicht.

Noch größere Spannungen im Regierungsbündnis hat der Rückgriff auf die Idee der "Arbeitsreserve" für Beamte ausgelöst. Kouvelis, ein ehemaliger Kommunist, nannte den Plan, der 2011 bei früheren Sparpaketen vom Parlament angenommen, aber nie wirklich umgesetzt worden war, ein " Fiasko". Pasok-Politiker sollen Finanzminister Stournaras Fehlkalkulationen vorgeworfen haben, die nun dazu führten, dass er in das neue Sparpaket auch die Entlassung von Beamten hineinnehmen wollte.

Griechenlands Kreditgeber wünschen langfristig den Abbau von 150.000 Stellen im öffentlichen Dienst. Die "Arbeitsreserve" sieht vor, dass Beamte für ein Jahr von ihrem Posten abgezogen werden und bis zu 70 Prozent ihres Gehalts erhalten; danach würde über ihre weitere Verwendung entschieden - eine Umschreibung für die Entlassung. Rechtlich ist die "Arbeitsreserve" umstritten. In der Praxis hat sie bisher nur zu einer Vorruhestandsregelung für 7000 Beamte geführt. "Niemand will irgendwelche Kürzungen machen. Jeder hat eine gute Entschuldigung, um den Staat intakt zu halten", stellte ein Kommentator der Tageszeitung Kathimerini fest. (Markus Bernath aus Athen, DER STANDARD, 14.8.2012)