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"Ich orte Feigheit vor der Wahrheit", urteilt Rauch über die SPÖ-Steuerpläne.

Foto: Reuters/Foeger

Wien - Die Rollen sind gut eingeübt, die Rhetorik entsprechend geschärft. Ja, Rot und Schwarz streiten einmal wieder über bislang ungenutzte Möglichkeiten des Staates, zu Geld zu kommen. Stichwort: Vermögenssteuer. Stichwort: Erbschaftssteuer. Stichwort: unbegrenzte Solidarabgabe.

Diesmal war es an SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter, laut über die Wiedereinführung von Erbschafts- und Schenkungssteuer nachzudenken. In der Presse wälzte er diesbezügliche Pläne mit einer Freigrenze von einer Million Euro, von einer "Millionärssteuer" könne demnach keine Rede sein.

"Feigheit vor Wahrheit"

Während Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) auf solche Pläne beim dienstäglichen Ministerrat noch zurückhaltend reagierte, verschärft der schwarze Generalsekretär Johannes Rauch im STANDARD-Gespräch die Gangart: "Ich orte Feigheit vor der Wahrheit", urteilt Rauch, fragt danach, wer denn diese Steuern bezahlen müsse, und gibt sich gleich selbst die Antwort: die Familien, der Mittelstand. Und das, so Rauch, sei "brandgefährlich".

Aber Rauch hat auch noch andere Qualitäten. So ist er sich sicher, des Kanzlers Motivlage in Sachen neue Steuern zu kennen: "Im Inneren ist auch Faymann dagegen. Er will nur den linken Parteiflügel vor dem Parteitag am 13. Oktober befrieden." Rauchs Diagnose: ein "Marketinggag".

Sein rotes Visavis, Laura Rudas, will den neuerlichen Vorstoß mehr als stetes Pflegen eines sozialdemokratischen Kernthemas verstanden wissen: "Wir müssen da Druck aufbauen." Dem Abwiegeln des Koalitionspartners misst sie keine große Bedeutung bei: "Wir kennen das ja aus der Vergangenheit: Auch bei der Bankenabgabe oder der Neuen Mittelschule war die ÖVP zuerst dagegen. Letztlich haben wir sehr viel erreicht."

Fast plakatreif befindet Rudas: "Erben ist keine Leistung, spekulieren auch nicht. Die SPÖ will den Faktor Arbeit entlasten."

Aber auch der Vorwurf, den Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) in Richtung Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) fast zeitgleich formulierte, erhärtet die These vom roten Wahlkampfauftakt. So gäbe Berlakovich viel zu viel für die Subvention der Bauern aus, befindet Schieder. Berlakovich kontert im STANDARD: Für die Ausweitung des Fördersystems habe es das Okay beider Parteien gegeben. "Weil das Ziel war, möglichst viel aus Brüssel rauszuholen. Das war gemeinsame Regierungsposition."

Soli soll befristet bleiben

Also doch alles nur "Vorwahlkampfgeplänkel", wie man im Finanzministerium befindet? Maria Fekter nehme das zwar vor dem roten Parteitag zur Kenntnis, eine Vermögenssteuer auf Substanz werde aber "klar abgelehnt".

Die Mehrheit der Österreicher sieht das laut einer Umfrage des Market-Institutes nicht so negativ: 53 Prozent befürworten eine Wiedereinführung der Erbschaftssteuer für große Erbschaften, 36 Prozent sind absolut dagegen.

Positiv äußerte sich diesbezüglich auch der neue Chef des Institutes für Höhere Studien, Christian Keuschnigg, im STANDARD: "Ich wäre dafür, dass es eine Erbschaftssteuer gibt, die Rücksicht nimmt auf familiäre Verhältnisse und Betriebsübergaben. Das wäre ein Beitrag zur Chancengleichheit der nächsten Generation."

Die ÖVP gibt sich auch bei der Ausweitung der bis 2016 befristeten Solidarabgabe reserviert: An eine Verlängerung werde nicht gedacht. (APA, riss, ruz, DER STANDARD, 16.8.2012)