In Kärnten scheint sich ein neuer Brauch zu etablieren: der schnelle Sitzungsabgang. Diese Woche werden die Kärntner Freiheitlichen wieder eine Landtagssitzung zumindest kurz schwänzen müssen, denn es steht erneut ein Neuwahlantrag an. Das wäre dann der vierte selbstverordnete Rückzug. In der FPK hält man das für richtig, FP-Chef Heinz-Christian Strache verteidigt das Vorgehen. Dass eine Mehrheit der Kärntner Bevölkerung nach raschen Neuwahlen verlangt - wen juckt's? 

Hauptargument der Blauen von Wien bis Klagenfurt ist (momentan): Sie wollen eine Beschwerde des Landes beim Verfassungsgerichtshof gegen den ESM-Eurorettungsschirm einbringen. Das geht erst, wenn dieser im Bundesgesetzblatt kundgemacht wurde. Noch ist das aber ausständig. Daher heißt es aus FP-Sicht: verzögern und tricksen. Die Vorgehensart der Blauen zeigt aber auch: Das Vertrauen in die eigene Stärke scheint selbst in der Partei nicht mehr allzu groß zu sein. Man fürchtet offensichtlich, die notwendige Mehrheit in der Landesregierung zu verlieren.
Was bleibt? Ein Land in Geiselhaft und ein politisches System, das sich von einem Sonderlandtag zum nächsten hantelt und dabei völlig gelähmt ist. Wie die Bürger darüber denken, ist leicht vorstellbar. In Kärnten steigen Zorn und Frust weiter an - wohl oft gegen die gesamte politische Kaste gerichtet. Und im Rest des Landes wird sich ein Eindruck weiter verfestigen: Kärnten ist einfach anders. (Peter Mayr, DER STANDARD, 20.8.2012)