Männliche Fliegen lernen, ein Weibchen zu finden, das noch nicht begattet ist.

Foto: IMBA

Wien - So ein Fliegenleben ist kurz, es sollte effizient ablaufen. Ein Fliegenmännchen kann es sich nicht leisten, jedes x-beliebige Weibchen mit einem aufwändigen Balzritual inklusive Gesängen und intensiven Flügelschlags zu bezirzen. Denn nur jungfräuliche Fliegenweibchen sind zur Paarung bereit, bereits begattete weisen alle Bewerber ab. Nur die Anfänger unter den balzenden Fliegenmännchen sind so "naiv", sich mit jeder daherschwirrenden Fliege paaren zu wollen. Erfahrene Fliegenmänner wissen, welches Gegenüber Jungfrau ist und welches nicht.

Fliegenmännchen müssen also schnell lernen, wann sich die Mühe des Balzens lohnt, um nicht unnötig Energie zu verschwenden. Wie dieser Lernprozess vonstatten geht, haben Wissenschafter des Wiener Forschungsinstituts für Molekulare Pathologie (IMP) in einer im Fachblatt "Nature" veröffentlichten Studie herausgefunden.

Männliche Fruchtfliegen (Drosophila melanogaster) machen ihr Balzverhalten durch einen Trial-and-Error-Prozess zielführender, schreiben Krystyna Keleman, Barry Dickson und Kollegen vom IMP. Unerfahrene Männchen, die es noch bei jedem Fliegenweibchen versuchen, lernen mit der Zeit, jungfräuliche und begattete Weibchen auseinanderzuhalten. Den Männchen kommt dabei das Pheromon Cis-Vaccenyl-Acetat (CVA) zu Hilfe, das sie bei der Kopulation auf den Weibchen hinterlassen. Wenn paarungswillige Männchen von einem bereits begatteten Weibchen abgewiesen werden, erhöht sich die Sensibilität der Fliegenmänner für den Botenstoff, den ein Vorgänger auf dem Weibchen hinterlassen hat. Bei einem nächsten Versuch nehmen sie den Botenstoff intensiver als zuvor wahr und sind damit eher in der Lage, zu erkennen, ob sie eine Jungfrau vor sich haben und sich somit das Gebalze auch lohnt.

Die Wissenschafter haben bestimmte Neuronen im Protocerebrum, einem großen Bereich im vorderen Teils des Gehirns der Fliegen, identifiziert, mittels derer die Fliegenmännchen das Pheromon wahrnehmen. Die Nervenzellen bestimmen das Signal, das die immer wiederkehrenden Einflüsse des Pheromons im Gehirn auslöst.

Dickson, Keleman und Kollegen haben auch es geschafft, das Lernverhalten der Fliegen zu manipulieren. Sie konnten die relevanten Nervenzellen im Fliegengehirn künstlich aktivieren. Das hatte zur Folge, dass sich die Tiere so verhielten, als hätten sie schon viele Weibchen getroffen: Sie konnten begattete Fliegenweibchen und Jungfrauen schon besser auseinanderhalten. (pum, DER STANDARD, 21.8.2012)