Ist das dies, ist das das ... könnte das nicht, das wäre aber, und so weiter und so fort.

Foto: Christian Fischer

Politiker sind doch feine Formulierer. Sie nennen den städtelnden Gärtner gerne einmal "den Menschen da draußen", rufen ihn "kleiner Mann" oder auch "der Mann von der Straße". Es sind aus Sicht der Politiker immer die anderen, von denen sie so sprechen.

Aber auch für die kleinen Männer da draußen auf der Straße besteht rege Nachfrage, speziell wenn sie Gartenkolumnen schreiben. Regelmäßig gibt der kleine Mann dann Autogramme, kritzelt "Professor Carl Friedrich Börne" auf T-Shirts oder gar Dekolletés und wundert sich schon lange nicht mehr über die Slips, die über den Gartenzaun hereingeflogen kommen - manchmal auch gesegelt, dann ist aber auch nicht mehr von Slips, sondern von schattenspendenden Unterwascheln die Rede.

Der Gartenkolumnist bekommt aber auch ganz andere Angebote quer durch den Zaun zugeraunt. Man weiß nichts Genaues, aber es geht die Mär im Bezirk, dass da einst eine Dame war, dass sehr leise gesprochen wurde, und letztendlich hätte der Kolumnist erstmals in seinem Leben echte Minze aus Kärnten in seinem Garten gehabt; braune Minze, so heißt die durchaus bezeichnenderweise. Das soll sich so vor etwa einem Jahr abgespielt haben, die Dame war angeblich im Frühjahr 2012 wieder da und hätte sich nach dem Wohlbefinden erkundigt, dem Wohlbefinden der Minze, wohlweislich. So soll sich das abgespielt haben, es ist bereits vom Mentha-Gate die Rede.

"Ist doch nett"

Es gibt aber auch Groupies, die höflich per E-Mail anfragen und um eine Gartenführung bitten - eine Flasche Schampus in Aussicht stellend. Als ob eine Flasche reichen würde. Der Kolumnist zickt dann ein wenig herum, gesteht seiner Frau die sich anbahnende Liaison zwischen Leserin und Schreiberling und holt sich das innerfamiliäre "Ist doch nett" ab.

Aber auch Groupies haben besorgte Mütter, "Einen Gärtner? Mon Dieu!", und nehmen Muttern zur Gartenführung mit, man weiß ja nie. Gott sei Dank steht in der Perlen-Reihe Nr. 270 "Die Gartenführung für die adrette Hausfrau" genau aufgelistet, wie man da vorzugehen hat. Höflich öffnet der Kolumnist das Gartentor, schüttelt freundlich zarte Frauenhände, nimmt den Champagner auf überrascht tuend entgegen und holt geschwind aus der Küche die dazupassenden Gläser.

Kaum ist er zurück, sieht er Groupie-Mutter und Groupie-Tochter bereits tief in den Garten vorgedrungen und ins fachliche Gespräch vertieft. Ist das dies, ist das das ... könnte das nicht, das wäre aber, und so weiter und so fort. Mit Adleraugen wird jede Pflanze erkannt, angesprochen, grundlegend diskutiert - nur der Gärtner selbst steht mit der Lade bei Fuß und den Sektflöten in der Hand im Hintergrund und staunt über das zügige Abarbeiten seines Gartens.

Kosten, rupfen, schneiden

Es bleibt aber nicht bei Besprechungen, es wird auch von jeder Pflanze ein wenig gerupft, sofort gekostet und in Folge zum Beispiel französischer von russischem Estragon unterschieden. Kein Pflanz bleibt unverkostet, das Team scheint eingespielt und austrainiert. Es übernimmt die Führung und beginnt, dem Gärtner seinen Garten zu erklären.

Der setzt sich, sagt Prost und wendet sich dem Schampus zu, während die Groupie-Diade sich durch die Nachtkerzen kostet, den Basilikum rupft und von der Rose einen großzügig bemessenen Edelreiser abschneidet. Hoffentlich entdecken sie die Erdbeeren nicht. Der Kolumnist trinkt weiter, vernimmt noch ein "Na, mein Garten ist ganz anders, wissen Sie ..." und entschläft friedlich. Die nächste Gartenführung wird es erst wieder 2014 geben. (Gregor Fauma, Rondo, DER STANDARD, 24.8.2012)