Zürich/Wien - Israelische Schriftsteller haben Ministerpräsident Benjamin Netanyahu eine Frist bis Sonntag gesetzt, in der er erklären soll, dass er sich an die Gesetze halten und nicht im Alleingang einen Krieg gegen den Iran anfangen wird. Sollte er diese ungenutzt verstreichen lassen, soll das Oberste Gericht des Landes angerufen werden, berichtet die "Neue Zürcher Zeitung" (NZZ) am Freitag.

Die Kritik israelischer Intellektueller an der Regierung Netanyahu nehme in dem Maße zu, wie diese ihre Kriegsdrohungen gegenüber dem Iran wegen des vermuteten geheimen Atomwaffenprogramms verstärkt, schreibt NZZ-Autor Joseph Croitoru. Die öffentlichen Vorbehalte gegen die israelische Iran-Politik hätten schon Anfang August einen vorläufigen Höhepunkt erreicht, als der israelische Schriftsteller David Grossman in der Zeitung "Haaretz" einen ebenso besorgten wie empörten Kommentar veröffentlichte.

Unbeantworteter Appell

Er stellte die Frage in den Raum, ob die Entscheidungsträger in Jerusalem wirklich so viel über Teherans Nuklearprogramm wüssten, wie sie es tagein, tagaus so selbstsicher behaupteten. Obwohl sie angesichts ihrer "megalomanen Halluzination und messianisch-katastrophischen Weltsicht" nicht mehr vertrauenswürdig seien, halte die politische und militärische Elite des Landes auffallend still und unternehme nichts gegen die unheilvollen Kriegspläne der Regierung. Der Appell des Schriftstellers blieb unbeantwortet.

Diese Indifferenz gegenüber der geistigen Elite im Land, die die Sorgen vieler Israeli artikuliert, rief eine Reihe weiterer israelischer Schriftsteller und Intellektueller auf den Plan. Angeführt von prominenten Autoren wie Amos Oz, Yoram Kaniuk, Sami Michael und Zeruya Shalev, richteten sie, vertreten durch ein Tel Aviver Anwaltsbüro, schon Mitte August einen scharf formulierten Brief an Netanyahu. Es sei längst kein Geheimnis mehr, heißt es darin, dass der Ministerpräsident und sein Verteidigungsminister Ehud Barak über eine Militäraktion gegen Iran nachdächten. Und ebenso wenig ein Geheimnis sei, dass ein solcher Schritt einen Gegenangriff Teherans provozieren würde, bei dem selbst nach den optimistischsten Einschätzungen von mehreren hundert israelischen Todesopfern auszugehen sei.

Frist bis Sonntag

Die Intellektuellen fordern deshalb in ihrem Brief den Ministerpräsidenten auf, sich strikt an das Grundgesetz zu halten, das das Vorgehen der Regierung im Falle eines beabsichtigten kriegerischen Waffengangs regelt. Vom Ministerpräsidenten verlangten die Schriftsteller, zu ihrer Forderung Stellung zu nehmen. Die Autoren behielten sich vor, rechtliche Schritte zu unternehmen, sollte er ihr Schreiben ignorieren. Sie haben Netanyahu, wie ihr Anwaltsbüro der NZZ mitteilte, für eine Stellungnahme eine Frist bis Sonntag gesetzt. Sollte er diese ungenutzt verstreichen lassen, ist die Rede davon, das Oberste Gericht des Landes anzurufen. Es soll dann die Weichen dafür stellen, dass Netanyahu nicht alleine die Entscheidung zu einem Kriegsgang gegen den Iran treffen kann. (APA, 24.8.2012)