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Wo es etwas zu fangen und zu sehen gibt: Fischerboote und schnorchelnde Urlauber in einer der Buchten bei Amopí auf Karpathos.

Foto: Corbis

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Die Insel Karpathos wird von Charterfliegern von Anfang Mai bis Mitte Oktober angeflogen. Der Hinflug der Austrian Airlines von Wien findet jeden Dienstag um 5.45 Uhr statt, der Rückflug ebenfalls dienstags um 10.20 Uhr. Flugzeit ist etwa zweieinhalb Stunden. Über Veranstalter wie Gulet werden Wochen-Pauschalpakete mit einigen Hotels angeboten. Der Transfer zum Hotel ist dabei inklusive und wird von den Veranstaltern organisiert. Der Flughafen auf Karpathos wurde im vergangenen Jahrzehnt vergrößert und ist seit 2009 wieder im Betrieb. Fotografieren ist dort nicht gestattet.

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Die touristischen Zentren am Karpathos sind Pigadia, Amopí und Lefkós. Zwei-Sterne-Hotels haben in der Regel keinen Swimmingpool. Ihre Zimmer müssen aber nicht notwendigerweise unkomfortabler sein als die der Drei-Sterne-Hotels. Wer früh bucht, bekommt auch in höherklassigen Hotels Zimmer zu erschwinglichen Preisen. 

Auf Karpathos gibt es in vielen Orten noch kein Abwassersystem. Deswegen sollte man das Toilettenpapier im Hotel nie ins Klo, sondern in dafür vorgesehene Behälter werfen.

Beispiele: Amopí Bay, Tel.: 0030/22450 81184

Foto: Amopí Bay

Hotel Sophia in Amopi, Tel.: 0030/22450 81078

Foto: Hotel Sophia

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Im südlichen Teil hat die Insel Karapthos in den vergangenen 50 Jahren eine starke Entwicklung durchgemacht. Hotels wurden gebaut. Viele Karpathioten, die aus wirtschaftlichen Gründen in die USA gegangen sind, kamen zurück, um in ihre Heimat zu investieren. Im Norden leben die Bewohner noch sehr traditionell. Hochburg ist hier Ólympos, ein Bergdorf, das in jüngster Zeit aber immer touristischer wird. Im Sommer kann es auf Karpathos sehr heiß werden. Für Mitteleuropäer ist ein Hotelaufenthalt ohne Klimaanlage kaum vorstellbar. Aufgrund der hohen Energiekosten verrechnen einige Hotels auch hohe Extragebühren für die Klimaanlagen.

Es soll schon Urlauber gegeben haben, die nach Karpathos geflogen sind, um dann jeden Tag am Golden Beach in Amopí zu liegen. Im Prinzip ist das ja keine schlechte Idee: Der Sandstrand ist sauber, das Meer blau-türkis. Und vor großen Meerestieren muss sich das mitteleuropäische Landei hier auch nicht fürchten. Hier gibt es nur kleine Fische und winzige Krebse, weil sich die offenbar von schnorchelnden Urlaubern nicht vertreiben lassen. Am Strand selbst ist man außerdem einer von vielen anonymen alabasterweißen Körpern und fällt nicht unangenehm auf. Alle sind sie bereit zum Kampfbräunen, damit die Kollegen im Büro in 14 Tagen neidisch werden.

Immerhin spürt man sogar in dieser geschützten Bucht den typischen karpathiotischen Wind. Manchmal mischt er Wortfetzen zu einem österreichisch-italienisch-griechisch-englischen Sprachengewirr. Nicht nur die Kellner in den Tavernen sprechen Englisch. "Hello my friend, how are you?" Das haben sie offenbar in der Schule des Tourismus gelernt. Auch die zahlreichen österreichischen Urlauber versuchen, Englisch zu sprechen. Die Karpathioten, die in die USA ausgewandert sind und nun in ihre erste Heimat zum Ausspannen kommen, können es auch. Man nennt sie bezeichnenderweise "Frisbees".

Viel mehr sieht der Golden-Beach-Urlauber in der Strand-Legebatterie natürlich nicht. Deswegen sollte er sich doch aus der Bucht hinausbewegen und sich dabei aber auch Zeit lassen. Das heißt: mindestens zwei Gänge zurückschalten und vielleicht auch manchmal versuchen, an nichts zu denken. An wirklich nichts - das funktioniert nach ein paar Tagen im griechischen Tempo zum Beispiel im Hafen der Stadt Pigadia mit Blick auf das stürmische Meer. Abends, wenn die Sonne langsam hinter den Bergen der Insel verschwindet, ohne klassisch-kitschig unterzugehen.

Gejammert wird nicht

"Slowly" rät der Olivenbauer Manolis aus dem mittelalterlichen Bergdorf Menetés. Nur nicht hetzen. Er arbeitet wie viele Karpathioten auch im Tourismus. Reich wird er damit sicher nicht, aber natürlich sagt er wie alle hier achselzuckend: "Es ist hart. Aber es ist eben so." Gejammert wird nicht. Mindestens einmal täglich hört man: "No problem".

Die Griechen reden hier über ihre wirtschaftliche Lage mit weniger Wehklagen als Wiener über das Wetter. Da macht auch jene laut lachende Frau keine Ausnahme, die neben dem Restaurant Kalypso in Amopí kalte Drinks, Postkarten, jede Menge Kekse und Taucherbrillen verkauft und von einem zwanzigprozentigen Rückgang des Geschäftes erzählt. Sie grinst vom linken bis zum rechten Ohr, als der Urlauber eine Schnorchelausrüstung kauft und sich beim Anprobieren der Brille dumm anstellt und lacht. Die Saugwirkung der Brille ist durch die Lachfalten natürlich verlorengegangen. Unter der Meeresoberfläche würde so Wasser in die Nase und damit auch in die Lunge kommen - aber von einem derartigen bösen Zwischenfall redet natürlich niemand. Die Verkäuferin meint nur: "Dont smile to the sea. Don't smile to the fish."

Die interessanten Fische, bunte flinke Flitzer, Seesterne und Oktopusse, sieht man ohnehin hauptsächlich dort, wo der Meeresboden steinig ist und sich darunter sammelt, was diese Tiere auf ihrer Speisekarte haben: noch kleinere Fische. In seichten Gewässern scheint sich die Flunder gern aufzuhalten. Wer sie beobachten, bekommt auch ohne vorherigen Alkoholkonsum das Gefühl, dass sie den schnorchelnden Menschen über sich mit starrem Blick ansieht, während sie über den sandigen Meeresboden gleitet.

Ähnlich flach wie dieser Fisch ist Karpathos nur dort, wo die Charterflieger landen: Am Militärflughafen im Süden, der 1970 errichtet wurde, weil die Griechen Angst vor den Türken hatten, und den Charme einer Kaserne hat. Von dort fährt jeder Touristenbus auf mehrfach geschwungenen Höhenstraßen langsam zu den zahlreichen Hotels. Der höchste Berg von Karpathos ist immerhin über 1200 Meter hoch. Zahlreiche mehr oder weniger anspruchsvolle Wanderrouten laden dazu ein, die Badeschlapfen gegen festes Schuhwerk auszutauschen.

Die Voraussetzung aber ist, sehr früh aufzustehen: früher, als viele Urlauber aufstehen wollen, die sich vorgenommen haben, endlich einmal auszuschlafen. Schon um 10 Uhr Vormittag hat es in diesen Tagen auf Karpathos 30 Grad. Bei derartigen Temperaturen könnte eine Wanderung eine Strapaze werden, denn die Sonne macht untertags hier nichts anderes als scheinen. Vier bis fünf kleine Wolken binnen 14 Tagen können sie an der Ausübung ihres Jobs wirklich nicht hindern. Die Konsequenz: Es hat hier mittags mitunter 40 Grad.

Die Lösung ist vielleicht eine kleine Wanderung, wie sie zum Beispiel den Touristen bei der Busfahrt vom Bergdorf Ólympos nach Diafani angeboten wird. Aussteigen und dann eine Stunde durch ein ausgetrocknetes Flusstal gehen. Hier wachsen die Kräuter wild, die einige Urlauber gerne am Balkon zu Hause haben würden.

Diesen Spaziergang schafft der Urlauber auch an heißen Nachmittagen. Es sei denn, er hat zu viele Souvenirs aus Ólympos mitgenommen und trägt zu schwer an dieser Last. Wer von einem Reiseunternehmen mittags in dieses Dorf kutschiert wird, läuft nämlich Gefahr, mit vollen Rucksäcken nach Hause zu kommen. Menschen, die sich sonst kaum zeigen, öffnen ihre Geschäfte und versuchen mit all ihrem Charme, ihre Waren zu verkaufen: Kopftücher, die die Frauen hier zu dicken Trachtenkostümen tragen. Sackerln, voll mit Gewürzen, die sie während des regnerischen umsatzschwachen Winters nähen. Und Makkaroni nach griechischer Art, die nicht viel anders als Vorarlberger Kässpätzle schmecken und auch so zubereitet werden können. Eine der Frauen, die ein schwarzes Kopftuch trägt, weil sie verheiratet ist, spricht ein wenig Deutsch.

Irgendwann einmal war sie in München. Heute hat sie fast keine Zähne im Mund. Sie ist froh, dass die Touristen kommen, obwohl sich die Nachdenklichen unter ihnen in diesem Dorf natürlich wie Eindringlinge fühlen. "Wir müssen Geld verdienen." Das aber ist keinesfalls beruhigend.

Man kauft ihr gleich drei Oregano-Sackerln ab und ein Kopftuch, dessen Muster sich durch nichts vom Muster der Kopftücher unterscheidet, die in Kommoden von Großmüttern in Oberösterreich lagern. An einem ist die Zahnlose jedenfalls reich: an guter Laune - und damit ist sie hier nicht allein.

Die Pirateninsel

Ólympos wurde von den ehemaligen Bewohnern von Saria erbaut, nachdem sie die Insel im Norden von Karpathos auf der Flucht vor Piraten verlassen hatten. Das war im 15. Jahrhundert. Heue bringen Boote die Urlauber auf die unbewohnte Insel zum Baden. Dabei wird den Erholungsbedürftigen gegrillter Fisch oder Hühnerspieß serviert, damit sie auf der mehrstündigen, stürmischen Bootsfahrt bei Laune bleiben. Dafür sorgt aber auch der Kapitän der Crew, dessen Nase offenbar schon in manch einer Ouzo-Flasche war.

Seine Energie ist scheinbar nicht endenwollend. Abends tanzt er mit unnachahmlichen Hüftschwung auch noch in der einen oder anderen Bar in Amopí. Wie viele andere Karpathioten verbreitet er gute Stimmung. Damit wirken die Einmheimischen jedenfalls reicher als Urlauber, die aus einem reichen Land kommen. (Peter Illetschko, Album, DER STANDARD, 25.8.2012)