3-D-Muster, erzeugt durch Photografting (180 µm Breite). Die grün fluoreszierenden Moleküle werden mittels Lasers in einem sogenannten Hydrogel fixiert.

Foto: TU Wien

Einen Schritt in Richtung maßgeschneiderter Materialien haben Wissenschafter der Technischen Universität Wien gemacht. Dabei dient ein Laserstrahl sozusagen als Platzanweiser für Moleküle. Mit der "3D Photografting" genannten Methode ist es möglich, Moleküle punktgenau an den gewünschten Stellen andocken zu lassen.

Wie mit einem molekularen Baukasten könnte man etwa die chemischen Eigenschaften eines Materials mikrometergenau bestimmen. Einsatzgebiete wären die Herstellung von künstlichem biologischem Gewebe, Solarzellen oder mikroskopisch kleiner Labors. Die Arbeit der Wissenschafter wurde im Fachmagazin "Advanced Functional Materials" veröffentlicht. Mit der Mikrostrukturierung mittels Femtosekundenlaser - eines Speziallasers, der Lichtimpulse im Billiardstelsekundenbereich aussendet - beschäftigen sich die Forscher an der TU schon seit einiger Zeit.

In der Vergangenheit machten die Materialwissenschafter vor allem mit neuartigen 3-D-Druckern auf sich aufmerksam. "Dieser Ansatz ist ähnlich, da hier auch die gleiche experimentelle Ausrüstung benutzt wird", sagt Aleksandr Ovsianikov vom Institut für Werkstoffwissenschaften. Es sei aber nicht so, dass eine Struktur von Grund auf aufgebaut wird, da ein solcher Ansatz unwirtschaftlich wäre. Die Forscher gehen von einem bestehenden dreidimensionalen Gerüst, der Matrix, aus, dessen Eigenschaften sie in Kombination mit dem Laser gezielt nutzen, um genau an den gewünschten Stellen bestimmte Moleküle einzusetzen.

Wasserhaltiges Gel als Matrix

Als Matrix fungiert ein wasserhaltiges Gel, auf dem sich fremde Moleküle gleichmäßig verteilen können. Das Hydrogel besteht aus großen Molekülen, die in einem sehr lockeren Netzwerk angeordnet sind. Durch die Lücken in der Matrix können sich andere Moleküle bzw. sogar ganze Zellen bewegen. Die kleinen Moleküle, die eingebaut werden sollen, absorbieren das Licht des Lasers und wandeln sich in sogenannte Radikale um. Sie haben dann ein freies Elektronenpaar und sind damit besonders reaktionsfreudig. Diese Veränderung findet genau an den Stellen statt, wo der Laser am stärksten fokussiert ist, mit dem Effekt, dass sich das Molekül sehr rasch in das Netzwerk des Hydrogels einbaut.

Da die Wissenschafter sehr genau bestimmen können, wo sie den Laser fokussieren, stellen sie auch sicher, dass sich die Moleküle genau dort anlagern, wo sie gebraucht werden. "Dadurch, dass wir mit dem Laser hineinleuchten, können wir die Moleküle aktivieren, sodass sie sich dort an das Hydrogel binden", erklärt Ovsianikov. Der Rest wird einfach entfernt. Den Forschern bleibt dann lediglich die gewünschte Abfolge der Substanzen übrig. Dieser Scanvorgang laufe im Vergleich zu anderen Verfahren auch sehr schnell ab.

Nach der Entwicklung der Methode wird es für die Forscher nun auch darum gehen, das neue Verfahren auf bestimmte Anwendungen hin zu erproben. Einsetzbar wäre es etwa in der Erzeugung von biologischem Gewebe, da auch Zellen genaue Vorgaben brauchen, um ein Gewebe zu formen. In natürlichen Geweben wird das durch die "extrazelluläre Matrix" gewährleistet - eine Struktur, die den Zellen durch bestimmte Aminosäure-Sequenzen signalisiert, wo sie andocken müssen. "Wir haben konkret noch keine Zellen oder Gewebe draufgesetzt. Es ging darum, dass die Technologie Möglichkeiten bietet, lokal Biomoleküle oder auch andere Moleküle anzubinden, um damit den Zellen zu signalisieren, wo sie sich ansiedeln sollen", sagt der Forscher, der in der Arbeit mit Kollegen des TU-Instituts für Angewandte Synthesechemie kooperiert hat. Neben Anwendungen im Bioengineering könnte "3D Photografting" etwa auch für die Herstellung von Solarzellen dienen.

Auch in der Sensorik versprechen sich die Forscher viel von der Technologie. Punktgenau könnte man damit Moleküle anordnen, die bestimmte chemische Substanzen binden und sie damit nachweisbar machen. Ein mikroskopisches "Labor im Chip" wäre somit möglich, heißt es seitens der TU. (APA/red, DER STANDARD, 29.8.2012)