Ein klassischer Gauermann, imposante Bergkulisse inklusive: Für das Gemälde "Alpenwirtschaft am Untersberg" (1835) bewilligte ein österreichischer Privatsammler 2011 den vorläufigen Rekord von 306.300 Euro (260.000 netto).

Foto: Dorotheum

Dem einen Jubilar kann man seit Monaten nicht entkommen, anderen müssen sich Kunstkonsumenten schon absichtsvoll nähern. Etwa Friedrich Gauermann. Dem gebürtigen Miesenbacher, dessen Todestag sich heuer zum 150. Mal jährt, widmet das Niederöster reichische Landesmuseum derzeit (bis 28. 10.) eine Ausstellung. Im Vergleich zum prismatischen Gustav K. fehlt dem als bescheiden überlieferten Friedrich G. allerdings jedweder Glamourfaktor. Dazu hat das oftmals als idyllisch missverstandene 19. Jahrhundert samt seinen Kunstschaffenden gegenüber der bahnbrechenden Moderne oder der dröhnenden Gegenwart tendenziell das Nachsehen. Auch auf dem Kunstmarkt.

Lediglich eine Handvoll heimischer Kunsthändler pflegt hierbei einen gewissen Patriotismus. Aus wirtschaftlicher Sicht lohnt der nur bedingt, da die Nachfrage von Werken dieser Epoche kaum über den deutschsprachigen Raum hinausreicht. Beispielhaft dafür steht - ungeachtet der künstlerischen Qualität und zuletzt erzielter Spitzenwerte - die rückläufige Marktentwicklung im Falle Friedrich Gauermanns. Nur, das war nicht immer so, wie ein Blick in die Geschichte belegt.

Zur Aufmunterung der Künstler

Dazu muss man zurück zu den Anfängen des Kunsthandels in Wien, mit dem sich Sabine Grabner (Belvedere-Kuratorin 19. Jahrhundert) beschäftigt hat. Bis 1850 lag die Förderung der bildenden Künste weitestgehend in staatlicher Hand, etwa über die Ankäufe der kaiserlichen Gemäldegalerie oder über die Ausstellungen an der Akademie der bildenden Künste. 1821 war dort zusätzlich eine Kunsthandlung errichtet worden, "um den akademischen Kunstfleiß zu unterstützen" und zu verhindern, dass diese "ihre Arbeiten unter Wert losschlagen müssen". Fortan konnte jeder Künstler seine Werke für den Zeitraum von sechs Monaten in Kommission geben, bei einem Verkauf erhielt die Kunsthandlung eine Vermittlungsprovision von acht Prozent. Wirtschaftlich war das nicht, sondern gereichte am Ende nur "zum Vortheile und zur Aufmunterung der Künstler", wie der Betreiber 1833 in einem Bericht an Fürst Metternich eingestand. Der Handel sei schleppend, einzig die "Landschaftsgemälde von Gauermann seien beynahe stets und oft sehr schnell veräußert worden".

Zusätzlich nutzte Gauermann den 1831 privat initiierten Kunstverein, der über den Jahresbeitrag (umgerechnet 97 Euro) Ankäufe von Kunstwerken finanzierte, die einmal jährlich unter den Mitgliedern verlost wurden. In den folgenden 15 Jahren investierte man so stattliche 242.000 Gulden bzw. umgerechnet 4,18 Millionen Euro in zeitgenössische Kunst. Und Gauermann war von Anbeginn an einer der Profiteure.

Im Umfeld der Retrospektive in der Kunsthalle Krems 2001 nahm die Kunsthistorikerin Andrea Winkelbauer Aufzeichnungen des Künstlers genauer unter die Lupe, konkret sein "Einnahmenbuch" (1822-1859), das gleichsam als Protokoll einer Preisentwicklung gelesen werden kann: Diese beginnt mit 20 Gulden im Jahr 1822, steigerte sich bis 1826 auf eine vorläufige Bestmarke von 450 Gulden und pendelte sich in den frühen 1830ern bei etwa 200 bis 300 Gulden ein - auf Basis des Verbraucherpreisindex entspricht das einem Gegenwert von 3900 bis 5800 Euro je Bild.

Der Zenit war das noch nicht, wie Winkelbauer nachwies: 1832 hatte das Belvedere Geier bei einem Hirschen für 300 Gulden (rd. 5800 Euro) erworben, 1836 blätterte der in Paris lebende Baron Rothschild für das in der Größe vergleichbare Viehmarkt in Maria Plain bei Salzburg (nunmehr Niederösterreichisches Landesmuseum) bereits 2000 Gulden (rd. 38.000 Euro) hin. In nur vier Jahren hatte sich Gauermanns Marktwert damit vervielfacht.

Genanntes "Einnahmenbuch" gewährt aber zeitgleich auch Einblick in die Kundenstruktur: Neben kunstsinnigen Bürgern zählte er vor allem Vertreter der Aristokratie zu seinen Klienten. Darunter die Grafen Czernin, die Familie Rothschild, weiters die Fürsten Metternich, Liechtenstein oder Esterházy sowie Kaiser Franz I., Kaiser Franz Joseph oder die Erzherzöge Ludwig und Franz Karl. Bis auf wenige Ausnahmen erwarben die meisten nur ein oder zwei Werke aus seinem Repertoire.

Ein Kaufverhalten, an dem sich unter den Sammlern dieser Epoche bis heute nichts geändert zu haben scheint: Ein Gemälde je Gattung maximal, ergänzend vielleicht noch eine Ölstudie. Und das erklärt, warum die Marktentwicklung seiner Arbeiten deutlich hinter jener seiner Zeitgenossen zurückblieb, die künstlerisch unabhängiger von Auftraggebern agierten. Im Schaffen Gauermanns hatte dies zeitgleich zu einer inhaltlichen Stagnation geführt, da seine Motivwelt, entsprechend dem Wunsch seiner Klienten, mit Alpengenres, Wildtier- bzw. Tierkampf- und Jagdszenen eine sehr überschaubare geblieben war. (Olga Kronsteiner, Album, DER STANDARD, 1./2.9.2012)