Glückliche Hunde leisten mehr: Die Tiere sollen freiwillig an den ...

Foto: Corn

... Tests teilnehmen, ohne sie als Stress zu empfinden.

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Guinness ist empört. Während ihr Kollege Toto für das Pfotegeben mit einem Leckerli belohnt wurde, geht die Border-Collie-Hündin für die gleiche Leistung leer aus. Ob einer solchen Ungerechtigkeit denkt sie beim nächsten Versuch gar nicht mehr daran, ihre Pfote zu heben - ganz im Gegensatz zu Toto, der sie weiter hoffnungsvoll hinstreckt.

Die beiden Hunde sind Untersuchungsobjekte des neuen Clever Dog Lab des Messerli-Forschungsinstitutes, das am Montag an der Wiener Veterinärmedizinischen Universität eröffnet wurde.

Hier werden die kognitiven und sozialen Fähigkeiten von Hunden untersucht, speziell in Hinblick auf ihr Verhältnis zum Menschen.

An Guinness und Toto wurde getestet, wie Hunde auf ungleiche Behandlung reagieren. Das Verhalten der "betrogenen" Hündin lässt darauf schließen, dass Hunde ein Gerechtigkeitsempfinden haben. Dass Guinness nicht nur auf den Verlust der Belohnung reagiert, zeigt ein Kontrollversuch: Befindet sich ein Hund allein in einem Raum, gibt er auch ohne Belohnung bereitwillig die Pfote - die Kooperation wird erst verweigert, nachdem ein anderer anwesender Hund belohnt wird.

Wissenschaftliche Basis

Andere Versuchsanordnungen zielen auf die Persönlichkeitsentwicklung der Tiere, individuelles Lernen oder soziale Kognition. Ziel des Labors sei es, "die Hundeforschung auf ein solides, naturwissenschaftliches Fundament zu stellen", sagt der wissenschaftliche Leiter des Clever Dog Lab und Sprecher des Messerli-Institutes, Ludwig Huber, in seiner Eröffnungsrede. Dieses Fundament soll dazu dienen, den Umgang mit Hunden in der Praxis besser gestalten zu können, auch was gesetzliche Regelungen der Hundehaltung angeht.

Im Sinne der Grundlagenforschung werden bei den Tests die Rassen der Hunde zwar vermerkt und klassifiziert, stehen aber nicht im Vordergrund. Wichtiger sei die Persönlichkeit des Hundes, erklärt Kognitionsbiologin und Leiterin des Clever Dog Lab, Friederike Range. Unter anderem werden Welpen-Persönlichkeitstest in ihrer Treffsicherheit untersucht. Solche Tests werden in der Praxis verwendet, um die Eignung der Tiere als Polizei- oder Behindertenbegleithund zu ermitteln.

Keine Tierversuche

Bei den Untersuchungen werden ausschließlich nichtinvasive Techniken benutzt, der Stresslevel wird mithilfe von Brustgurten oder Speichelabstrichen gemessen. So soll sichergestellt werden, dass die Hunde die Untersuchungen nicht als belastend empfinden. Für jede erfolgreich absolvierte Aufgabe werden die Hunde mit einem Würstchen belohnt.

Deshalb handelt es sich bei den im Clever Dog Lab gemachten Experimenten im rechtlichen Sinne nicht um "Tierversuche". Diese sind im Gesetz definiert als "alle für das Tier belastenden, insbesondere mit Angst, Schmerzen, Leiden oder dauerhaften Schäden verbundenen experimentellen Eingriffe".

Die Testhunde lernen, an Touchscreens zu arbeiten, damit Auswahlverhalten beobachtet werden kann. Mithilfe von Eyetrackern wird Blickverhalten untersucht, um festzustellen, auf welche Gesichtsmerkmale die Tiere beim Menschen achten. Die Daten werden mittels Videoanalyse und eines eigens entwickelten Computerprogrammes ausgewertet. Insgesamt hat das Clever Dog Lab eine Kartei von etwa 600 Hundebesitzern, die ihre Tiere immer wieder für Tests zur Verfügung stellen. Im Labor selbst werden keine Hunde gehalten.

Das neu eröffnete Clever Dog Lab an der Vetmed-Uni ist nicht das erste. Ein gleichnamiges Labor wurde seit 2007 in Kooperation mit der Universität Wien im 9. Bezirk betrieben. 2011 übersiedelte die Einrichtung an das 2010 gegründete Messerli-Institut der Vetmed-Uni. Die wissenschaftliche Leitung des Labors teilen sich Zsófia Virányi, Ludwig Huber und Friederike Range.

Wilde Verwandtschaft

Range und Virányi leiten auch das Wolf Science Center (WSC) in Ernstbrunn, an dem seit 2008 das Verhalten von Wölfen erforscht wird. Die Ergebnisse des Zentrums liefern wichtige Hinweise darauf, wie sich die jahrtausendelange Domestikation von Hunden auf ihr Verhalten und ihre Fähigkeiten ausgewirkt hat.

Für das Wolf Science Center soll en auch die 1,3 Millionen Euro verwendet werden, die Range als "Starting Grant" vom europäischen Forschungsrat erhält. Mit diesen Mitteln möchte sie in den nächsten fünf Jahren das Kooperationsverhalten von Hunden und Wölfen erforschen, um ein besseres Verständnis zwischen Tier und Mensch zu ermöglichen. (Barbara Wallner/DER STANDARD, 5. 9. 2012)