In einer Hinsicht haben die Veranstalter der am Sonntag beendeten XIV. Paralympics völlig versagt. Der von Menschen mit Behinderung oft - und viel zu oft noch vergeblich - gestellten Forderung, wie alle anderen Menschen behandelt zu werden, nicht besser, aber auch nicht schlechter, konnten sie nicht entsprechen. Dazu war die durch die vorhergehenden Olympischen Spiele geschürte Euphorie im Vereinten Königreich und in seiner Metropole zu groß. "Meet the Superhumans", trommelte Host Broad caster Channel 4 und lukrierte Rekordquoten. "Don't fly, support Team GB", ließen British Airways plakatieren, damit gewannen sie massiv an Sympathien.

Die Briten blieben, kauften 2,4 Millionen Eintrittskarten und sorgten für eine Stimmung, wie sie Behindertensportler noch nie erlebt haben. Lokalpatriotismus spielte auch eine Rolle, vor allem aber feierte da eine Gesellschaft, in der der würdige Umgang mit Behinderung seit geraumer Zeit eine Selbstverständlichkeit ist.

Die Londoner Paralympics zeigten auch, dass der Rehabilitationssport vom Spitzensport nicht zur Gänze verdrängt werden muss. Das britische Sportverständnis würdigte die Leistung jedes einzelnen Teilnehmers, würdigte das Vermögen, stieß sich nicht am Unvermögen. Das Olympia-Stadion bebte bei den von Houssain Omar Hassan aus Dschibuti im Schritttempo zurückgelegten 1500 Metern ebenso wie, aber eben viel länger als beim Triumph eines britischen Prothesenläufers über 100 Meter.

In Österreich hat man davon nicht viel mitbekommen, nicht viel miterleben können. Der ORF, der seit Freitag wieder allen möglichen Talenten die große Chance gewährt, gab seinem nur dreiköpfigen Team in London von Haus aus keine Chance, würdig von den Paralympics zu berichten. (Sigi Lützow, DER STANDARD, 10.9.2012)