Der prominenteste Putin-Kritiker in der russischen Staatsduma, Gennadi Gudkow, verliert sein Mandat. Das ist die Strafe für seine Teilnahme an den Protestmärschen der Opposition, für seine anhaltende Kritik an der Korruption in Russland und die Forderung nach fairen Wahlen. Viel Wert auf Recht und Gesetz legten die Duma-Abgeordneten beim Ausschluss ihres Kollegen nicht: Die Vorwürfe, die die Ermittlungsbehörde gegen Gudkow erhebt - er soll sich nebenbei als Geschäftsmann betätigt haben -, sind noch nicht bewiesen, da haben die Abgeordneten ihm schon diensteifrig die Immunität entzogen.

Mit der Entscheidung enttarnt sich die Duma als reine Dekoration im System der Gewaltenteilung, als fügsames Werkzeug in den Händen von Präsident Wladimir Putin. Denn es gibt keinen Zweifel darüber, dass das Kommando "Fass!" im Kreml selbst gegeben wurde. Putin hat die scharfe Kritik nicht vergessen. Vor den Wahlen fraß er Kreide und versprach den Dialog. Doch offenbar meinte der Ex-KGB-Agent damit nur das Rede-Antwort-Spiel bei einem Verhör.

Die Aktionen Putins nach seiner Wieder-Inthronisierung deuten jedenfalls nicht auf den Versuch hin, einen Ausgleich mit der Opposition zu finden. Die Welle der Repressionen lassen eher einen Rachefeldzug vermuten. Der Kremlchef fühlt sich sicher im Amt: Die Zeit der Abrechnung ist gekommen. (DER STANDARD, 15.9.2012)