Wien/Linz - Auch wenn Teenager sie noch so "anweinen" und es gar nicht "urkeksi" finden, Erwachsene verstehen viele Jugendausdrücke dennoch nicht (siehe Glossar).

Wie eine aktuelle Onlinestudie der GfK Austria Sozial- und Organisationsforschung zeigt, haben 62 Prozent der Bevölkerung derartige Ausdrücke noch nie gehört.

Kann Kommunikation da noch funktionieren, und wie gravierend empfinden Jugendliche selbst den Unterschied zwischen Jugend- und Standardsprache?

Fast schon bilingual

Potenzielle Problemfelder ergeben sich an Orten, wo Teenager und Erwachsene auf einen grünen Zweig der Verständigung kommen müssen, allen voran die Schule.

"Etwas förmlicher rede ich mit den Lehrern schon, aber Dialekt zu sprechen ist normalerweise kein Problem", sagt die 17-jährige Christina Forst aus Schärding in Oberösterreich. Die gesetzliche Regelung des Schulunterrichtsgesetzes lautet: "Unterrichtssprache ist die deutsche Sprache, soweit nicht für sprachliche Minderheiten anders vorgesehen." Doch die vielseitige Sprache Deutsch ist in einem Land wie Österreich, wo Dialekte und ihre Verwendung von Region zu Region variieren, schwer zu definieren.

"Bei uns wird nur im Deutschunterricht verlangt, Hochdeutsch zu sprechen. Das fällt mir nicht wirklich schwer, auch wenn ich im Alltag zumeist nur den Dialekt verwende", erzählt Eva Mittendorfer (16) aus Oberösterreich.

So leicht gelingt dieser Wechsel nicht immer: "Wenn ich wirklich in ein Thema vertieft bin, kann es schon passieren, dass ich wieder in die Umgangssprache verfalle", erwidert Lukas Schneeweiß (17).

Auf diese Weise kann es vorkommen, dass Schüler Ihre Lehrer belehren und Ihnen die neuesten Modewörter beibringen. Insgesamt können Jugendliche aber durchaus unterscheiden, welcher Sprachstil im jeweiligen Rahmen passend ist.

Mehr Dialekt - weniger Fehler

Dazu der Oberstufenschüler Alexander Endtmayer: "Wie ich spreche, hängt stark vom Umfeld ab. Gerade bei älteren Menschen verwende ich schon manchmal Standardsprache."

SMS und andere Nachrichten werden hingegen oft bewusst im Dialekt verfasst, ohne groß auf Orthografie und Grammatik Rücksicht zu nehmen.

Befürchtungen, dies könne sich negativ auf die Deutschfähigkeiten auswirken, sind weit verbreitet, werden aber anhand einer Studie der Universität Oldenburg widerlegt. Über mehrere Jahre hinweg wurden Aufsätze von Kindern der dritten bis sechsten Schulstufe ausgewertet. Daraus ging hervor, dass Dialektsprecher bis zu 30 Prozent weniger Rechtschreibfehler machten. Eine Erklärung dafür ist, dass Jugendliche hiermit früh lernen, zwischen verschiedenen Sprachebenen zu unterscheiden und somit ihr abstraktes Denken trainieren.

Dialekt und Jugendslang sind somit keineswegs die Feinde von guten schulischen Leistungen sowie funktionierender Kommunikation und zudem kein neues Phänomen: Der im Jahr 2001 vom Jugendkulturinstitut Wien veröffentlichte Jugendkultur-Guide hält fest, dass bereits seit dem 18. Jahrhundert Wörtersammlungen zur Jugendsprache dokumentiert sind und dass des Weiteren spezielle Soziolekte schon immer ein Mittel waren, sich von den Erwachsenen abzugrenzen.

Dies muss also nicht immer zum Problem werden. Schon Goethe schrieb: "Ich hör' es gerne, wenn die Jugend plappert: Das Neue klingt. Das Alte klappert." (Edda Reitter, Judith Rockenschaub*, DER STANDARD, 19.9.2012)