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Wunderte sich über eine Kampagne, welche die Bundesbahn zu bezahlen hatte, obwohl sie darin schlecht weg kam: Ex-ÖBB-Pressesprecher Gary Pippan im Untersuchungsausschuss.

Foto: APA/Fohringer

Wien - Es ist ein brisanter Aktenvermerk, von dem die Opposition berichtet. Demnach hat ein Ex-Aufsichtsratmitglied der Bundesbahn per Telefon bei der Staatsanwaltschaft zu Protokoll gegeben, dass ihm der damalige ÖBB-Chef Martin Huber am 27. März 2007 "höchst erregt" von einem anrüchigen Anliegen Werner Faymanns erzählt habe: Faymann, zu dieser Zeit Verkehrsminister, soll für die "Krone" zehn Millionen von der ÖBB und fünf Millionen von der Asfinag verlangt haben.

Gefunden haben Blaue, Grüne und Orange die Aussage des Informanten (Name der Redaktion bekannt) in der jüngsten Aktenlieferung an den Untersuchungsausschuss. Die Opposition sieht darin einen neuen Beleg für ihren Verdacht gegen den Bundeskanzler. Im Kern geht es um eine Frage: Hat Faymann als Verkehrsminister den ihm unterstellten Staatsunternehmen Asfinag und ÖBB Werbekampagnen auf deren Kosten aufgezwungen, um sich von Boulevardmedien Wohlwollen zu erkaufen und bejubeln zu lassen?

Exemplarischer Fall 2007

Als exemplarischen Fall zerpflückt der Ausschuss am Donnerstag eine Kampagne, die 2007 in der "Krone" startete. Zeuge Gary Pippan, damals Pressesprecher der ÖBB, heute in der Wiener Wirtschaftskammer, erinnert sich lebhaft daran - zumal er "die Inhalte nicht sehr geschätzt" hat.

Warum, breitet der Grüne Peter Pilz genüsslich aus. "Wollen auch Sie Ihrem Ärger über die Bundesbahn Luft machen?", luden die optisch als normale Artikel getarnten Werbeeinschaltungen die Leser ein. In der Folge ging es um kaputte Rolltreppen, versperrte Klos, Buchungschaos und verzweifelte Passagiere, ehe der frischgebackene Verkehrsminister Faymann als Retter präsentiert wurde. Die Rechnung über 500.000 Euro bezahlen durfte freilich die ÖBB.

Dem Ministerium gefügt

"Überrascht" sei er gewesen, als am 26. Jänner die Auftakt-Doppelseite erschien, berichtet Pippan. Bei einem Termin drei Tage später habe man vonseiten der Kommunikationsstelle im Ministerium nachgefragt, was es mit der "Krone"-Kooperation auf sich habe - und sich letztlich den Wünschen des Kabinetts "gefügt". In der Folge durften ÖBBler Beschwerdefälle für die Inserate vorbereiten.

Nicht nur den Ablauf nennt Pippan ungewöhnlich: Hätte die ÖBB die Kampagne selbst gemacht, wäre sie ganz anders ausgefallen. Weder die Selbstgeißelung zu Beginn noch der Jubel über vermeintliche Verbesserungen hinterher seien glaubwürdige Werbung im Sinne der Bahn, sagt er: "Aber offenbar hat man andere Ziele verfolgt."

Auch Gorbach hatte Wünsche

Ob andere Minister keine Wünsche hatten? Schon, erläutert Pippan und erinnert sich, dass das Ressort unter Hubert Gorbach etwa eine Broschüre urgiert habe, die gemäß der eigenen Parteifarben in Orange gehalten sein sollte. Doch das habe man so lange hinauszögern können, bis das BZÖ abgewählt war, sagt der Ex-Pressesprecher: "Bei Faymann war so etwas nicht möglich." Unter seiner Führung habe das Verkehrsministerium Wünsche "sehr faktisch präsentiert", sodass das Unternehmen wenig Möglichkeit gehabt habe, sich anders zu verhalten.

Auch die ebenfalls befragte Rechnungshofprüferin Claudia Kroneder-Partisch wundert sich, dass die Bahn die "Krone"-Kampagne bezahlt hat, obwohl die darin enthaltene Ministerkolumne eher wie eine Imagekampagne des Verkehrsministeriums gewirkt habe. Überdies sei die Zweckmäßigkeit der "Advertorials" teilweise nicht nachvollziehbar gewesen.

Ex-Bahnchef Huber sagt nichts

Wenig Auskunft gibt hingegen Ex-ÖBB-Chef Huber. Er entschlägt sich die meiste Zeit unter Hinweis auf die gegen ihn laufenden Ermittlungsverfahren der Justiz. Auch zu der Aussage des Ex-Aufsichtsrates sagt er nichts.

Allerdings soll sich Huber beim Staatsanwalt bereits ähnlich geäußert haben: Demnach soll Faymanns Büro sieben Millionen für Werbezwecke gefordert haben. Damit konfrontiert, sagt Huber im Ausschuss, er habe unter Wahrheitspflicht ausgesagt und nichts hinzuzufügen. Einspruch der SPÖ: Der Teil des Ermittlungsverfahrens gegen Faymann, der sich um diese Behauptung drehe, sei längst eingestellt.

Im Ausschuss wird Faymann bekanntlich nicht aussagen. Um vom Willen der Regierungsparteien unabhängiger zu werden, fordern die Grünen, dass künftig eine Minderheit des Nationalrates einen U-Ausschuss einberufen kann. Am Freitag stellen sie den Antrag, dass die Bevölkerung bei der Abstimmung über die Wehrpflicht am 20. Jänner auch dazu gefragt wird. (Gerald John, DER STANDARD, 28.9.2012)