Das junge Publikum kam in Massen, um mit dem FPÖ-Klubobmann zu diskutieren. Auf Facebook wurde bereits im Vorfeld von "Zukunft am Wort" heftig debattiert, ob Heinz-Christian Strache eine Plattform für seine polarisierenden Meinungen bekommen soll.

Foto: Standard/Cremer

Rund 200 Leute trafen sich zur Gegendemonstration im Museumsquartier.

Foto: Standard/Cremer

Wien - Man nehme FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian Strache, drei junge Diskutanten, einen Politikwissenschafter und ein überaus kritisches Publikum. Das Ergebnis der Rezeptur ist eine kontrovers geführte zweistündige Diskussion, die thematisch von der Eurokrise über den Islam bis hin zur Politikverdrossenheit unter Jugendlichen reicht.

Am 3. Oktober luden DER STANDARD und ORF Wien zur ersten "Zukunft am Wort"-Diskussion anlässlich des Wahlkampfs für die bevorstehenden Nationalratswahlen 2013. Mit dem FPÖ-Klubobmann debattierten im Theaterhaus Dschungel Wien der Politikwissenschafter Peter Filzmaier, die Studenten Julia Spacil und Alexander Arbesser sowie der 16-jährige Schüler Lukas Salomon, der für die Diskussion aus Vorarlberg angereist war. Moderiert wurde die Diskussion von Paul Tesarek, Chefredakteur des ORF-Landesstudios Wien.

Lustige Reden im Bierzelt

Vor allem die Präsenz in sozialen Netzwerken wie Facebook spiele eine wichtige Rolle, entgegnet Strache auf die Frage Lukas Salomons, wieso es die FPÖ scheinbar am besten schaffe, die Jugendlichen an die Wahlurnen zu holen. "Die Schlüsselgruppe bei einer Wahl sind jedoch nicht die Jugendlichen", weiß Strache, schließlich repräsentieren die 16- bis 18-Jährigen lediglich drei Prozent der wahlberechtigten Österreicher. Vielmehr seien die Stimmen der Pensionisten der Schlüssel zum Wahlerfolg.

Salomon kritisierte, dass die FPÖ auch auf Facebook hauptsächlich mit stark vereinfachenden populistischen Parolen à la "Daham statt Islam" versuche, Wähler zu mobilisieren. Strache hielt entgegen, dass Populismus nicht die einzige Wahlkampfmethode der FPÖ sei. Neben lustigen Reden im Bierzelt würde er ebenso ernsthafte Diskussionen mit Meinungsforschern führen.

Vor allem im Internet stehe er für Meinungsfreiheit - behauptet der FPÖ-Klubobmann zumindest von sich selbst. Jus- und Politikstudentin Julia Spacil stellte dies jedoch infrage: Auf wundersame Weise wurde ein Kommentar auf Straches Facebook-Seite, welcher die Namen rechtskräftig verurteilter FPÖ-Politiker offenlegt, entfernt. Der Beschuldigte antwortete darauf nur ausweichend.

Stronach kein Konkurrent

Für die nächste Nationalratswahl geht Strache davon aus, dass die Entscheidung zwischen SPÖ und FPÖ fallen werde, quasi ein Duell Faymann gegen ihn. Frank Stronach hingegen nimmt Strache nicht als Konkurrenten wahr. Dass dieser jedoch einige politische Ansichten mit der FPÖ teilt, speziell den Umgang mit der Eurokrise, erfreut den FPÖ-Klubobmann jedoch.

Genau jene EU-Politik der FPÖ wurde bei der Diskussion von Wirtschaftsstudent Alexander Arbesser stark kritisiert. Strache möchte die wirtschaftlich starken und schwachen Staaten währungstechnisch in einen Nord-Euro und einen Süd-Euro trennen. "Warum sollen wir den anderen Staaten nicht helfen? Wir sind ein Ganzes, und uns geht es besser!", meinte ein aufgebrachter Zuschauer. Doch auch bei uns, so behauptet der FPÖ-Klubobmann, klaffe die Einkommensschere zunehmend auseinander.

Im Islam sieht Heinz-Christian Strache eine Gefahr für die österreichische Kultur, denn in dieser Glaubensrichtung existierten einige Fehlentwicklungen wie etwa die Unterdrückung der Frauen. "Toleranz gegenüber Intoleranz ist schwierig", führte Strache an und rechtfertigte seine Haltung gegenüber dem Bau von Moscheen damit, dass in islamischen Ländern auch keine christlichen Einrichtungen gebaut würden.

Im Anschluss an die Diskussion warteten bereits knapp 200 maskierte Demonstranten, begleitet von rund 50 Polizisten, auf den FPÖ-Klubobmann. Sie wollten gegen seine Asylantenpolitik ein Zeichen setzen. Nachdem sie mit viel Geschrei den Politiker ins Auto "verjagt" hatten, sangen sie im Chor: "Nieder mit der FPÖ!" (Philipp Koch, Julius Handl, DER STANDARD, 10.10.2012)