Als wäre nicht alles schon kompliziert genug. Eine gefühlte Ewigkeit lang wird nun schon mit Zahlen jongliert, die so entfernt aller Vorstellungskraft sind, dass das Interesse an der Rettung Europas merklich sinkt. Selbst mit der Finanzwelt vertraute Personen verlieren schon mal den Überblick, an welcher Weggabelung des Sanierungspfads wir mittlerweile stehen. Nun ist aus Tokio, wo der Internationale Währungsfonds (IWF) getagt hat, zusätzlich Beunruhigendes nach außen gedrungen.

Aus der europäischen Bankenaufsicht dürfte erst 2014 etwas werden. Solange können aber keine Mittel aus dem Eurorettungsschirm in marode Kreditinstitute fließen. Spanien, eines der Schwergewichte unter den EU-Volkswirtschaften, bräuchte diese Kapitalinfusion für seine Banken dringendst. Das Land könnte zwar als Ganzes unter den Rettungsschirm und hätte den Antrag auch bereits gestellt, wenn nicht Deutschland dies zu verhindern gewusst hätte. Taktik scheint wieder einmal vor Vernunft zu gehen.

Weil in Deutschland die Zustimmung des Bundestags in solchen Fragen nötig ist, möchte man die Abstimmungen zu Haftungsübernahmen in einem Aufwasch vornehmen: Griechenland, Zypern, Spanien - statt drei Mal will die deutsche Regierung nur ein Mal argumentieren und Schelte einstecken müssen. Das jedenfalls wurde in Tokio bei der IWF-Jahrestagung geflüstert. Sollte nichts dran sein, ist es bezeichnend, dass man es auch ungeschaut glaubt. (Günther Strobl, DER STANDARD, 15.10.2012)