Budapest/Wien - Nach einem monatelangen Burgfrieden geht die ungarische Regierung wieder auf Konfrontationskurs mit den Banken. Wirtschaftsminister György Matolcsy präsentierte am Mittwoch in Budapest eine Reihe an neuen Einsparungen und Steuererhöhungen, mit denen die ungarische Regierung die Neuverschuldung im kommenden Jahr unter drei Prozent drücken will.

Den größten Teil der neuen Lasten werden die in Ungarn tätigen Kreditinstitute, darunter die österreichische Raiffeisen Bank International und die Erste Group, tragen. Entgegen den bisherigen Plänen wird die Regierung die Bankenabgabe 2013 nämlich nicht halbieren, sondern in voller Höhe beibehalten. Der Schritt soll den Bankensektor 72 Milliarden Forint (260 Millionen Euro) kosten.

Österreichische Institute erzürnt

In Ungarn tätige Geldhäuser zahlen seit 2010 die von Premier Viktor Orbán eingeführte Sonderabgabe. Was die österreichischen Institute erzürnt, aber auch zu Kritik des Internationalen Währungsfonds (IWF) geführt hat, ist die Höhe der Steuer: Die Abgabe beträgt 0,53 Prozent der Bilanzsumme und liegt damit weit über den Sätzen in anderen EU-Ländern.

Beschlossen hat das Kabinett in Budapest zusätzlich die Verdoppelung der Finanztransaktionssteuer von 0,01 auf 0,02 Prozent. Die ungarische Variante der Steuer wird 2013 eingeführt und hat nichts mit dem in der EU diskutierten Modell gemein, sondern fällt bei Überweisungen und Behebungen an. Wirtschaftsminister Matolcsy will mit dem Nachtragshaushalt 1,3 Milliarden Euro einsparen. Matolcsy betonte, dass 90 Prozent der Maßnahmen von in Ungarn tätigen "multinationalen Konzernen" und nicht von den Bürger getragen werden.

Pläne nicht mit Kreditinstituten abgesprochen

Während sich Erste und Raiffeisen von dem neuen Steuerpaket überrascht zeigten und vorerst keine Stellungnahme abgeben wollten, reagierte der ungarische Bankenverband erbost: Die getroffenen Maßnahmen würden die Erholung der Wirtschaft gefährden und zu einem Rückgang bei der Kreditvergabe führen. Was die Interessenvertreter besonders reizt ist, dass die Pläne neuerlich nicht mit den Kreditinstituten abgesprochen wurden. "Dabei hat die Regierung zugesichert, künftig alle Maßnahmen vorab mit uns abzuklären", sagte ein Vertreter des Verbandes dem Standard.

Sandor Richter vom Wiener Osteuropainstitut begrüßt zwar, dass die ungarische Regierung Schritte zur Budgetsanierung setzt. Dass erneut Kreditinstitute einen Großteil der Lasten tragen werden, nennt er aber " einen Schuss ins eigene Knie". Der Bankensektor habe bereits massive Finanzlasten zu tragen.

Tatsächlich schreiben die Kreditinstitute in Ungarn derzeit tiefrote Zahlen. Besonders belastet hat die Banken die von der Regierung geschaffene Möglichkeit, Fremdwährungskredite zu einem fix festgelegten und damit günstigeren Wechselkurs in Forint abbezahlen zu können. 170. 000 Ungarn haben ihren Fremdwährungskredit im vergangenen Jahr im Rahmen der Aktion rückgezahlt. Das Problem: Weil sich vor allem wohlhabendere Kunden aus den Frankenkrediten verabschiedeten, haben sich die Kreditportfolios der Banken dramatisch verschlechtert. Fast 20 Prozent der ausstehenden Darlehen in Ungarn sind derzeit notleidend. (András Szigetvari, DER STANDARD, 18.10.2012)