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280.000 Österreicher arbeiten im Einzelhandel, fast 75 Prozent sind Frauen. Das Feilschen um ihre Gehälter beginnt.

Foto: apa/von erichsen fredrik

Bei der Reform des Kollektivvertrags im Handel spießt es sich. Beim Feilschen um die Gehälter müssen die Sozialpartner bis Ende November Nägel mit Köpfen machen. Es geht um höhere Mindestlöhne, mehr Urlaub und lockerere Regelungen der Samstagsarbeit.

Wien - Die tiefgreifende Reform des Kollektivvertrags im österreichischen Handel ist weiter in der Warteschleife. Im Frühjahr nahm die Branche einmal mehr Anlauf, um die Zuschläge neu zu regeln, um die Beschäftigungsgruppen zu vereinfachen und bei der Samstagsarbeit auf einen grünen Zweig zu kommen. Doch einen gemeinsam Nenner fanden die installierten Arbeitsgruppen bisher nicht.

Sehr mühsam seien die Gespräche, sagt der Gewerkschafter Manfred Wolf, es scheitere am Widerstand der Arbeitgeber, die auf eine Entwertung der Kollektivverträge aus seien. Im Detail gebe es natürlich unterschiedliche Auffassungen, entgegnet René Tritscher, der die Seite der Arbeitgeber vertritt. Aber er sei zuversichtlich, dass es bis Jahresende eine Lösung gebe.

Deutlich schneller einigen müssen sich die Sozialpartner auf den Lohnabschluss für das kommende Jahr. Das Feilschen startet nächsten Mittwoch. Am 27. November soll alles in trockenen Tüchern sein. Es geht um die Gehälter von 532.000 Beschäftigte, 280.000 arbeiten im Einzelhandel. Knapp 75 Prozent unter ihnen sind Frauen.

Wolf stellt sich auf konfliktgeladene Runden ein, zumal die Ar- beitgeber schon im Vorfeld "lauthals Wünsche deponierten, die für uns kein Thema sind". Tritscher ortet hingegen keine atmosphärischen Störungen. "Wir sind alle gut aufgewärmt und ein eingespieltes Verhandlungsteam."

Different schätzen die zwei naturgemäß das wirtschaftliche Umfeld ein. Umsatzzuwächse von fast fünf Prozent sehen Gewerkschafter für den Handel im Vorjahr. Die Gewinnausschüttung der Betriebe würde weiter stark steigen. Rund 780 Millionen Euro seien es heuer im ersten Halbjahr gewesen. Tritscher spricht von der Eintrübung des Konsumklimas. Ein hoher Teil der Unternehmen seien mit ihren Erträgen in der Verlustzone.

Einen Lohnabschluss deutlich über der Inflationsrate fordert die Gewerkschaft und bezeichnet den Handel als Niedriglohnbranche. Die Vollzeit-Brutto-Gehälter seien im Schnitt um 380 Euro niedriger als bei den übrigen Angestellten, es bestehe starker Aufholbedarf.

Tritscher kann sich vorstellen, unterschiedliche Akzente bei den verschiedenen Einkommensgruppen zu setzen. "Es muss allen was bringen", kontert Wolf. Ein Mindestgehalt von 1400 Euro brutto sei "in Rufweite". Derzeit beträgt es 1350 Euro für Vollzeitkräfte.

Die Arbeitnehmer wollen zudem eine sechste Urlaubswoche für alle Beschäftigte nach 25 Jahren Arbeit, auch bei Dienstgeberwechsel. Umgekehrt pochen die Arbeitgeber auf eine Ausbezahlung der Resturlaube und lockerere Regelung - der Samstagsarbeit.

Die Metaller setzten ihre Verhandlungen am Donnerstag fort. In drei Gesprächsrunden war man sich bisher in keinem Punkt entgegengekommen. Ohne Einigung stehen Warnstreiks im Raum. (Verena Kainrath, DER STANDARD, 19.10.2012)