Peter Layr, Präsident von Oesterreichs Energie

Foto: Oesterreichs Energie/Martin Vandory

Bruno Wallnöfer, Vorstandsvorsitzender der TIWAG

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Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie

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Der bevorstehende Umbau des Energiesystems auf erneuerbare Energien in Europa und Österreich braucht dringend mehr Unterstützung von Politik und Verwaltung. Das erklärte Peter Layr, Präsident von Oesterreichs Energie, der Interessenvertretung der österreichischen E-Wirtschaft anlässlich des Branchenkongresses in Innsbruck. Jetzt gehe es darum, die zentralen Bausteine der künftigen Energieversorgung zu sichern, damit Strom aus erneuerbarer Energie auch künftig sicher und leistbar bleibt.

Layr nannte fünf Kernthemen für die Energiezukunft: Anhebung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und CO2-armen Technologien, Stärkung der Beiträge der jeweiligen Standorte zur gesamteuropäischen Versorgung, bessere Koordination auf europäischer Ebene, rasche Bereitstellung von Strukturen, die den beschleunigten Atomausstieg ermöglichen und Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz bei den Kunden: „Marktdesign und Infrastruktur des Strommarktes müssen an die aktuellen Herausforderungen angepasst werden."

Wichtigste Maßnahmen aus Sicht der E-Wirtschaft sind der konsequente Ausbau erneuerbarer Energien, eine quantitative und qualitative Aufrüstung der Netze und eine intelligente Regulierung. „Wenn wir die richtigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Nutzung der erneuerbaren Energien im Inland schaffen, kann der Systemumbau gelingen." zeigt sich Layr überzeugt.

Lange Verfahren bremsen

Oesterreichs Energie sieht die Gefahr, dass bereits die in der Energie-Strategie verankerten Energieziele Österreichs nicht erreicht werden. Dort ist festgehalten, dass bis 2015 ein Wasserkraftausbau um 3,5 Milliarden Kilowattstunden geschafft werden soll. 16 Projekte sind in Bau, 43 stecken in Verfahren fest. „So wie es heute aussieht, wird 2015 nicht einmal ein Drittel geschafft sein. Der Rest verschiebt sich auf 2020 oder später, weil die Genehmigungsverfahren so lange dauern." weiß Präsident Layr. Auch der Ausbau der Netze könnte schneller erfolgen: „Wenn es zu keiner Änderung der Regulierungssystematik kommt, die diese Investitionen erleichtert, werden die Netze einen weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien verzögern", so Layr.

Neues Marktdesign erforderlich

Das derzeitige Marktdesign im Elektrizitätsmarkt stammt aus der Phase der Liberalisierung. Der inzwischen eingetretene Impuls zum Ausbau der erneuerbaren Energien ist im alten Marktmodell unzureichend berücksichtigt. Das führt zu starken Instabilitäten bei Strommengen und -preisen an den Energiebörsen in Österreich und Europa. Layr: „Oesterreichs Energie ruft die Behörden deshalb auf, gemeinsam die richtigen Weichenstellungen für eine Weiterentwicklung des Marktdesigns vorzunehmen".

Regionale Stromautonomie und Stärkung des Standorts Tirol

Im Herzen des Alpenraums präsentiert sich eine starke E-Wirtschaft, die bereit ist, alle Herausforderungen zu meistern, erklärte Bruno Wallnöfer, Vorstandsvorsitzender der TIWAG und langjähriger Vizepräsident von Oesterreichs Energie sowie Gastgeber von Oesterreichs Energie Kongress 2012.

Die Strategie der TIWAG ist es, mit ihren Projekten einen Beitrag sowohl zur europäischen Energiewende als auch zur Stromautonomie Tirols und Österreichs zu leisten.
„Den Beitrag zur europäischen Energiewende sehen wir im Ausbau unserer Speicher und Pumpspeicher" sagt Bruno Wallnöfer, Vorstandsvorsitzender der TIWAG und langjähriger Vizepräsident von Oesterreichs Energie sowie Gastgeber von Oesterreichs Energie Kongress 2012. "Sie sind unverzichtbar zur Glättung der starken Schwankungen der Stromerzeugungsbeiträge aus neuen erneuerbaren Energien und ermöglichen erst die Integration von Wind- und Sonnenkraft in das Gesamtsystem. Der Ausbau der Speicher ist die wesentlichste industriepolitische Wachstumsperspektive, über die wir in Tirol verfügen."

Stromautonomie für Tirol geplant

Wenn die Energiewende gelingen soll, muss jede Region nach ihren Möglichkeiten ihren Beitrag leisten. „Wir wollen einen möglichst großen Teil des Stroms, den wir in Tirol verbrauchen, auch im Land selbst erzeugen. Wir wollen ja keine Trittbrettfahrer sein, die von den Ressourcen Dritter leben." so Wallnöfer. Stromautonomie bedeutet aus Sicht der E-Wirtschaft, dass man im Jahresschnitt unter Einbeziehung der auch in Zukunft unverzichtbaren Stromtausch- und Handelsaktivitäten einen ausgeglichenen Saldo zwischen Erzeugung und Verbrauch aufweisen kann. Für Tirol sieht Wallnöfer zur Erlangung der Stromautonomie den Bedarf nach einem Zubau von 2000 Gigawattstunden Erzeugung bis zum Jahr 2030, sohin ca. 100 GWh pro Jahr. „Dafür haben wir ein konkretes Konzept mit den Speicherprojekten, mit Ausleitungs-Laufkraftwerken und diversen kleineren Vorhaben. Diesen Projektmix halten wir auch in Anbetracht der schwierigen rechtlichen Rahmenbedingungen und unter Einbeziehung des Tiroler Kriterienkatalogs für realisierbar."

Rechtssicherheit und Planungssicherheit verbessern

Die überaus langwierigen Verfahren für neue Kraftwerke gefährden auch in Tirol die Ausbauziele. „Allein die Vorbereitungszeit und insbesondere die Variantenprüfung für das Einreichoperat Kaunertal hat sieben Jahre erfordert." kritisiert Wallnöfer. Die TIWAG rechnet in der Folge mit fünf Jahren Verfahrensdauer über zwei Instanzen. Die Verantwortung für die langen Verfahren sieht der TIWAG-Vorstandsvorsitzende eindeutig beim Gesetzgeber. Die Verwaltungsbehörden würden sich ohnehin enorm anstrengen, um ihren Aufgaben einigermaßen gerecht werden zu können. Die E-Wirtschaft als Schlüsselindustrie der modernen Gesellschaft sei aufgrund der langfristigen Ausrichtung ihrer Tätigkeit und der hohen Kapitalintensität der Investitionen auf stabile Rahmenbedingungen angewiesen. „Damit wir unsere Möglichkeiten im Interesse der Bürger ausschöpfen können, brauchen wir Rechtssicherheit, Planungssicherheit und Sicherheit bezüglich der Finanzierungsbedingungen", so Wallnöfer.

E-Wirtschaft investiert in die Zukunft

Österreichs E-Wirtschaft investiert mit voller Kraft in die Energiezukunft. 2011 lagen die Investitionen der Branche nach jüngsten Zahlen erneut auf dem Rekordniveau von 1,6 Milliarden Euro. „Wir sichern damit rund 15.000 Arbeitsplätze in Österreich - zusätzlich zu den über 20.000 Jobs in unserer Branche", erklärte Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie. Diese Investitionen stärken die Gesamtwirtschaft mit einem zusätzlichen Produktionseffekt von über drei Milliarden Euro, wobei über zwei Milliarden auf heimische Wertschöpfung entfallen.

Die E-Wirtschaft ist damit auch eine wichtige Stütze der öffentlichen Finanzen. Schmidt: „Insgesamt beläuft sich damit die Summe, die aus der E-Wirtschaft an die öffentliche Hand fließt auf knapp 3 Mrd. Euro". Direkt fließen jährlich 1,3 Mrd. aus der E-Wirtschaft an die öffentliche Hand. Dazu kommen rund 600 Mio. Euro an Dividenden, 200 Mio. Euro Energieabgabe, 500 Mio. Euro an Mehrwertsteuer und 1,5 Mrd. Euro pro Jahr an weiteren direkten und indirekten Steuern wie Lohnsteuern oder Sozialversicherungsbeiträgen. Mit den geplanten Zukunftsinvestitionen von 16,3 Milliarden Euro wird die E-Wirtschaft zudem eine der wichtigsten Stützen der Inlandskonjunktur.

Gemeinsame Initiative der Alpenländer geplant

Neue Chancen ergeben sich für die Länder der Alpenregion aus dem steigenden Bedarf an Infrastruktur zum Ausgleich für die schwankende Stromproduktion aus erneuerbaren Energien. „Der Alpenraum bietet für den Bau von Pumpspeichern echte Standortvorteile." so Schmidt. Aktuell liegen Projekte vor, die in Summe in etwa eine Verdoppelung der Kapazität der installierten Anlagen bedeuten. Weitere Potenziale in zumindest ähnlicher Höhe sind vorhanden und könnten entwickelt werden. „Die geplanten Investitionen in Pumpspeicher in den drei Ländern summieren sich auf über 20 Milliarden Euro. Dadurch werden Steuern und Abgaben im Ausmaß von 5 Mrd. Euro generiert und die Investitionen schaffen oder sichern zwischen 200.000 und 400.000 Jahresarbeitsplätze." Oesterreichs Energie und die E-Wirtschafts-Verbände aus der Schweiz und Deutschland, VSE und BDEW wollen in diesen Fragen künftig zusammenarbeiten und gemeinsam Konzepte für die Zukunft entwickeln. „So wie das Motto des Kongresses lautet, sagen wir auch hier - es ist Zeit zum Handeln." schließt Schmidt.