Wien - Was da angerichtet wurde, sei einfach desaströs, sagt Wolfgang Viertler. Es habe so viel Kraft gekostet und Ärger gemacht, dass er am liebsten nicht mehr drüber reden würde. Der Bürgermeister von Mittersill hat den Kärntner Stromkonzern Kelag und die Bundesforste bei ihrem Versuch scheitern sehen, einen Biomasse-Riesen aus dem Boden zu stampfen.

Elf Kraftwerke liefen unter dem Dach ihrer SWH. Diese schrammte im Vorjahr hart an der Insolvenz vorbei. Ihre Gläubigerbanken sollen auf gut 100 Millionen Euro verzichtet haben. In Betrieb sind die Anlagen nach wie vor, mittlerweile aber alle verkauft, berichtet Gerhard Kraxner, SWH-Chef. Sie gehörten nun kleinen Gewerbetreibenden, Genossenschaften, Energieversorgern und Gemeinden.

Viel Solidarität

In Mittersill hängen 300 Gebäude am Heizwerk, darunter das Spital. Zusperren ging nicht, also erwarben eine regionale Genossenschaft und die Raika die Anlage. Die betroffenen Haushalte zeigten sich freiwillig bereit, für Energie um 20 Prozent mehr zu bezahlen.

Viertler spricht von viel Solidarität unter den Mittersillern. Die laufenden Kosten und Investitionen ließen sich aus heutiger Sicht abdecken, es gehe sich wohl eine schwarze Null aus. Sein Resümee: " Staatliche Monopolisten sollen nicht Privatwirtschaft spielen."

Zig Millionen an Euro verheizten mit der Biomasse freilich nicht nur die Österreichischen Bundesforste. Ein Betreiber nach dem anderen schlitterte in den vergangenen Jahren in die Pleite. Bei drei Werken der Bioenergie Burgenland häuften sich etwa Schulden von 30 Millionen Euro an. Zu den Eigentümern zählten der Energieversorger Begas und Waldbesitzer wie die Esterházy-Stiftung.

Falsch kalkuliert

Hart in die finanzielle Bredouille gerieten auch zwei Hackschnitzelwerke des einst an die Börse strebenden Wiener Betriebs Cycleenergy. Ihre Überschuldung belief sich auf acht Millionen Euro.

Erst jüngst sorgte das Ökostrom-Mekka Güssing für Schlagzeilen: Seit den 1990er-Jahren seien mehr als 50 Millionen Euro in dortige Kraftwerke und Forschungsanlagen geflossen, unter anderem von der EU. Seither stiegen laut Wirtschaftsblatt auch die Verluste.

Die Gründe der finanziellen Misere der Betreiber sind dabei stets die gleichen: Kühnen Ausbauplänen im Zuge der Klimaschutzziele stand eine völlige Fehleinschätzung des Marktes gegenüber.

Einspeisestarife deutlich unter erhofftem Niveau

Österreichs Einspeisestarife liegen deutlich unter dem erhofften Niveau. Die schmalen Erlöse spielen die gestiegenen Rohstoffpreise nicht herein. Insgesamt wurde das Kundenpotenzial klar überschätzt - wie auch der Bedarf der Industrie weit hinter den Erwartungen zurückblieb. Technische Probleme und schwere Managementfehler trugen das Ihrige dazu bei, dass sich viele Anlagen trotz hoher Förderungen nie wirtschaftlich rechneten. Etliche Banken zogen daraufhin die Reissleinen.

Österreich zählt rund 2000 Biomasse-Heizwerke. Einige wenige stehen im Einflussbereich großer Energieversorger, viele sind in der Hand bäuerlicher Genossenschaften und kleiner Gewerbebetriebe.

Horst Jauschnegg, Vorsitzender des Biomasseverbands, warnt davor, eine ganze Branche schlechtzureden. Es seien in der Vergangenheit Fehler passiert, einige große Anlagen steckten in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Trotz allem seien dies aber Einzelfälle, ist er überzeugt: "Die Mehrzahl der Anlagen ist gut aufgestellt."

Die Hälfte der Werke sei älter als 15 Jahre. Sie seien nun gefordert, technisch nachzurüsten. Um Netze effizienter zu betreiben, gehöre die Abnehmerzahl erhöht. Dass Förderungen sinken - darauf stelle sich seine Branche ein. Manche Projekte seien künftig eben nicht mehr realisierbar. " Dafür gibt klare Rechnungen." (vk, stro, DER STANDARD, 25.10.2012)