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Vor den Abgeordneten des deutschen Bundestages verteidigte EZB-Chef Draghi die Staatsanleihenkäufe.

Foto: EPA/MICHAEL KAPPELER

Berlin/Athen - Um einer Verknappung lebenswichtiger Medikamenten zuvorzukommen, hat das griechische Gesundheitsministerium am Mittwoch alle Arzneimittelexporte untersagt. Seit Ausbruch der Finanzkrise versucht die Regierung in Athen die Ausgaben für Medikamente zu senken. Neben dem verstärkten Import von Generika, trat 2011 ein Gesetz in Kraft, mit dem die festgelegten Preise für Arzneien deutlich nach unten geschraubt wurden. Die Pharmaindustrie hat das zähneknirschend akzeptiert.

Allerdings nutzen viele Unternehmen den billigen Einkaufspreis, um die Medikamente mit einem Aufschlag in die EU zu exportieren. Ein Viertel der in Griechenland importierten Produkte wird sofort wieder exportiert. Dabei kämpft Griechenland nicht nur gegen einen Engpass an: Die Lohn- und Pensionskürzungen haben dazu geführt, dass sich viele Griechen Arzneien kaum noch leisten können.

Verwirrung über Verhandlungsstand

Unterdessen herrscht Verwirrung über den Stand der Verhandlungen der griechischen Regierung mit seinen internationalen Geldgebern. Athen drängt auf einen zweijährigen Aufschub bei seinem Sparprogramm und will sein Budgetdefizit erst 2016 und nicht wie geplant 2014, unter die Drei-Prozent-Marke drücken. Am Mittwoch hat Finanzminister Yannis Stournaras im Athener Parlament verkündet, dass man sich mit den Gläubigern auf einen Zeitaufschub geeinigt habe.

Allerdings ließ das deutsche Finanzministerium die Erklärung prompt dementieren. Auch Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), teilte mit, dass es noch keine Einigung gebe. Draghi war am Mittwoch Gast im deutschen Bundestag, wo er die skeptischen Deutschen von seiner Strategie überzeugen wollte, notfalls unbegrenzt Anleihen von Eurokrisenstaaten zu kaufen.

Draghi: Inflation wird nicht angeheizt

Zwei Stunden stand Draghi 150 Abgeordneten des Europa-, des Finanz- und des Haushaltsausschusses Rede und Antwort. Er betonte, die Käufe würden die Inflation nicht anheizen. Für die EZB gehe das größere Risiko von "derzeit fallenden Preisen in einigen Eurozonenländern" aus. Daher stünden Staatsanleihenkäufe auch nicht im Widerspruch zum Mandat der EZB, Preisstabilität zu gewährleisten. Draghi: "Vielmehr sind sie essenziell wichtig, damit wir weiterhin stabile Preise garantieren können."

Die Angst vor Inflation ist in Deutschland besonders groß. Die Bundesrepublik trägt 27 Prozent der EZB-Risiken, Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat sich offen gegen das neue EZB-Ankaufprogramm gestellt. Draghi nannte das Gespräch mit den deutschen Abgeordneten "sehr produktiv". Andere nationale Parlamente bekommen eine solche Sonderbehandlung durch den EZB-Chef nicht.

Bundeskanzler Werner Faymann traf indes in Rom mit seinem italienischen Amtskollegen Mario Monti zusammen. Die beiden vereinbarten dabei, sich künftig enger bei der Vorbereitung von EU-Räten abzusprechen. (bau, szi, DER STANDARD, 25.10.2012)