Das von Hans-Peter Profunser errichtete Denkmal für 39 Naziopfer in Greifenburg: Gemeinden zahlten bis dato nichts.

Foto: Standard/Alfons Hannes Pirker

Klagenfurt - Stefan Hassler war 24 Jahre alt, als er 1944 aus der Wehrmacht desertierte und sich im Auftrag des britischen Geheimdiensts als Widerstandskämpfer betätigte. Im selben Jahr wurde er in seinem Heimatdorf Dellach im Drautal verhaftet, beim Fluchtversuch erschossen und in einer Wiese verscharrt. Seine Familie deportierte man in Konzentrationslager, überlebt hat nur die Mutter. In der Nachkriegszeit suchte sie mehrmals um Anerkennung als NS-Opfer an - vergeblich.

Stefan Hassler und seine Angehörigen zählen zu den insgesamt 39 Opfern des Nationalsozialismus aus dem Oberen Drautal in Kärnten, für die am Sonntag in Greifenburg eine Gedenkstätte eröffnet worden ist. Sie ist das Ergebnis jahrelanger Archivrecherchen, die der lokale Verein für Kultur- und Informationsvielfalt "Kuland" in den 1990ern aufgenommen hatte. "Wir wollten dem etwas entgegensetzen, dass Deserteure und Widerstandskämpfer in Gesprächen oft als Kriminelle und Räuber dargestellt worden sind", sagt der Zeithistoriker und Politikwissenschafter Peter Pirker von "Kuland". 39 Biografien von Widerstandskämpfern, Euthanasieopfern, Deserteuren, Zwangsarbeitern oder Kriegsgefangenen konnten rekonstruiert werden.

Die Verfolgungsgeschichten finden sich nicht nur im Denkmal wieder, sondern auch in einem Begleitbuch, das mit Beiträgen von lokalen und bekannten Autoren ergänzt wurde. Wichtig war den Initiatoren, ihre Ergebnisse den Menschen vor Ort zu präsentieren - so organisierten sie Veranstaltungen, bei denen die Betroffenen ihre Geschichte erzählten, unterstützt von Fachleuten oder Künstlern. Das Interesse war immer groß, die Reaktionen anfangs noch abwehrend. Dies änderte sich im Laufe der Jahre, registrierte Politikwissenschafter Pirker. Am meisten freut ihn, dass durch die neuen Erkenntnisse einige NS-Opfer oder ihre Angehörige zu offiziellen Anerkennungen und Entschädigungen kamen.

Das von Bildhauer Hans-Peter Profunser errichtete Denkmal steht in Greifenburg auf angemietetem ÖBB-Grund, die Kosten (samt Begleitbuch) belaufen sich auf 55.000 Euro, finanziert von "Kuland", Bund- und Landessubventionen und Spendengeldern. Noch offen ist die finanzielle Unterstützung der Gemeinden: Von den bereits im Juni 2011 gestellten Anträgen wurde erst einer behandelt - und abgelehnt.

Weitere Gedenkstätten

Auch an der Bahnhaltestelle Ebenthal in Klagenfurt ist am Wochenende ein vom Künstler Valentin Oman gestaltetes Mahnmal eingeweiht worden, das an die Deportation von rund 1000 Kärntner Slowenen durch die Nationalsozialisten im April 1942 erinnert.

In Wien kündigte Bundeskanzler Werner Faymann (SP) die Errichtung einer nationalen Gedenkstätte für die vom NS-Regime hingerichteten Widerstandskämpfer und die Opfer politischer Verfolgung an. Die Gedenkstätte soll auf dem Wiener Zentralfriedhof entstehen. (Jutta Kalian, DER STANDARD, 29.10.2012)