Die Ruhe vor dem Sturm: Der expressive Saxofonist Peter Brötzmann.

Foto: Ziga Koritnik

Man erinnert sich an Konzerte in der Jazzgalerie Nickelsdorf, da spielte Peter Brötzmann, wie er eben so spielt, also insistent und energisch. Und es begab sich, dass der eine oder andere US-Kollege, der sich auf der Bühne eingefunden hatte, angesichts von so viel Expression quasi kapitulierend das Spielfeld räumte. Man muss eben auch bei Sessionsituationen damit rechnen, dass Brötzmann er selbst bleibt.

Tatsächlich ist der Mann aus Remscheid (Jahrgang 1941) schon seit einigen Jahrzehnten ungebrochen er selbst. Und das heißt: Jene aus den USA kommende Spielweise des Free Jazz, bei der alle melodischen, tonal-harmonischen, rhythmischen und formalen Regeln zugunsten eines spontanen, zumeist expressiven Ausdrucks zurücktraten, hat in Brötzmann einen fulminanten, konsequenten europäischen Vertreter mit gehörigem Eigenprofil gefunden. Es gibt in der Szene auch einen Begriff, der diese Art des Spielens einfängt - "brötzen" nämlich.

Peter Brötzmann ist jedenfalls wieder im Lande, und er spielt im Martinschlössl an zwei Tagen. Am Dienstag hört man ihn in der vollen Besetzung seines Tentets (unter anderem mit Mats Gustafsson und Ken Vandermark). Am Mittwoch präsentiert man dann in vier Sets verschiedenste Konstellationen, wobei im vierten Set ein speziell zusammengestelltes neues Sextett zu hören sein wird. Weltpremiere also. (Ljubiša Tošic, DER STANDARD, 6.11.2012)