So viel Bescheidenheit würde sich die Finanzministerin wohl öfter wünschen: Da winkt Maria Fekter mit stolzen Summen, doch das Volk greift nicht zu. Von den 340 Millionen, die für Kinderfreibetrag und die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten reserviert waren, holten sich Eltern gerade einmal ein Drittel ab.

Die Gründe dafür sind im Schnellschuss nicht eindeutig eruierbar, dennoch sollte die Politik die Gelegenheit beim Schopf packen. Auch abgesehen vom aktuellen Anlass schreit die Familienförderung nach Umbau, da der Erfolg gemessen an der niedrigen Geburtenrate matt ist.

Die 2009 eingeführten Freibeträge wären ein guter Anfang für eine Reform, zumal sie ungerecht konzipiert sind: Die Steuerersparnis steigt mit dem Einkommen. Wer zu wenig verdient, um Einkommensteuer zu zahlen, hat vom Bonus nichts. Gerade die vielen teilzeitbeschäftigten Frauen sollten aber punkto Kinderbetreuung gestützt werden, um ihnen die Chance auf mehr Erwerbstätigkeit zu eröffnen.

Wenn die ÖVP den auch von ihr bemühten Slogan "Jedes Kind ist gleich viel wert" ernst nimmt, sollte sie die bisherige Philosophie überdenken, statt diese mit dem angedrohten Megafreibetrag auf die Spitze zu treiben: wenn schon steuerliche Förderung, dann so, dass Schlechtverdiener auch etwas davon haben. Priorität sollten allerdings Investitionen ins Angebot der Kinderbetreuung genießen. Trotz großer Fortschritte klaffen hier immer noch Lücken. (Gerald John, DER STANDARD, 6.11.2012)