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Grafik: APA

Europas Wirtschaft bleibt fest im Griff der Krise. Spanien und Frankreich verfehlen laut Prognosen der EU-Kommission die Defizitziele. Österreich soll weiterhin die geringste Arbeitslosigkeit aufweisen und sich rasch erholen.

 

Brüssel - Die Europäische Kommission sieht das Licht am Ende des Tunnels, doch die Volkswirtschaften der Eurozone bewegen sich langsamer als gedacht vorwärts. Bei der Präsentation ihrer Herbstprognose am Mittwoch musste der EU-Währungskommissar Olli Rehn drastische Kürzungen der Wachstumsaussichten verkünden.

2013 werde die Eurozone demnach nur um 0,1 Prozent wachsen, bei der Frühjahrsprognose im Mai hatte die Kommission noch ein Wachstum von 1,0 Prozent erwartet. Erst 2014 könne die Eurozone die "rauen Gewässer" hinter sich lassen und Wachstum von 1,4 Prozent verzeichnen.

Die EU-Kommission erwartet vor allem in den Krisenländern eine deutlich schwächere Erholung. "Italien und Spanien werden auch in der ersten Jahreshälfte 2013 schrumpfen", sagt Rehn. Erst danach rechnet die Kommission mit Wachstum.

"Schwere Rezession"

Bis dahin wird etwa die viertgrößte Volkswirtschaft Europas, Spanien, um 1,4 Prozent pro Jahr schrumpfen. Das wird die Arbeitslosigkeit laut Einschätzung der Kommission in Spanien auf 26,6 Prozent ansteigen lassen (von aktuell 25 Prozent). In Italien dürfte die Arbeitslosenrate 2013 auf 11,5 Prozent ansteigen, das sind nahezu zwei Prozentpunkte mehr, als die EU-Kommission noch im Mai erwartet hatte.

"Die neue Prognose der EU-Kommission zeigt, dass die Eurozone in einer schweren Rezession ist und 2012 keine angemessene Antwort auf diese Rezession gefunden hat", sagt Guntram Wolff, Ökonom der Brüsseler Denkfabrik Bruegel. Die Folge des schwachen Wachstums und der grassierenden Arbeitslosigkeit: Auch die Budgetsituation vieler europäischer Länder bleibt angespannt.

Besonders weit ist Spanien von der erfolgreichen Konsolidierung entfernt. Das offizielle Defizitziel von drei Prozent wird das Land 2013 klar verpassen, auch für 2014 rechnet die Kommission mit einem Defizit von 6,4 Prozent. Angesichts dieser massiven Verfehlung der Maastricht-Kriterien hat die EU-Kommission Spanien aufgefordert, die Strukturreformen weiter voranzutreiben, sagt Rehn.

Wachstumsschwäche reißt Budgetlöcher

Das Land dürfe sich zudem nicht darauf verlassen, dass die Intervention der Europäischen Zentralbank an den Anleihenmärkten eine Strukturreform unnötig mache. "Die EZB hat den Marktstress reduziert, doch Selbstgefälligkeit wäre unangebracht", warnt Rehn.

Selbst Frankreich wird 2013 und 2014 den öffentlichen Haushalt noch nicht in den Griff bekommen. Wegen eines deutlich schwächeren Wachstums müsse auch die Regierung von François Hollande weitere Anstrengungen unternehmen. Ansonsten rechnet die Kommission mit einem Defizit von 3,5 Prozent für die kommenden zwei Jahre über dem Maastricht-Ziel.

Auch in den Staaten, die bereits Hilfsgelder von ihren europäischen Partnern erhalten haben, reißt die Wachstumsschwäche neue Löcher in die Budgetpläne: Bis 2014 wird die Rezession in Portugal anhalten, bis dahin wird der Schuldenstand in Prozent der Wirtschaftsleistung auf 123,5 Prozent gestiegen sein.

"Last nicht mehr tragbar"

Besonders düster sieht die Situation in Griechenland aus. Währungskommissar Rehn bezeichnete die Maßnahmen zum Schuldenabbau in dem Land als "nicht nachhaltig". Die Last sei langsam nicht mehr tragbar, wenn es nicht weitere Maßnahmen zur Absenkung gebe. 2013 wird der Schuldenberg laut Einschätzung der Kommission auf 188 Prozent gewachsen sein, 20 Prozentpunkte mehr als die Experten noch in ihrem Frühjahrsbericht erwartet hatten.

Recht hoffnungsfroh gibt sich die EU-Kommission in Bezug auf Irland. Das Land werde bis 2014 wachsen, weil die wettbewerbsfähige Wirtschaft mehr exportieren wird. In zwei Jahren soll zudem erstmals die Staatsverschuldung wieder zurückgehen, auch wenn das Defizit mit fünf Prozent deutlich über dem Zielwert liegt.

Österreich wirkt im Vergleich dazu wie ein Musterschüler. Die Kommission erwartet für die österreichische Wirtschaft in den kommenden zwei Jahren eine "Rückkehr zur Normalität". Zwar wird die Wirtschaft 2013 lediglich mit 0,9 Prozent wachsen, allerdings erwartet die Kommission bereits im Jahr darauf eine Expansion von 2,1 Prozent. Damit würde Österreich nach Estland, der Slowakei und Irland das höchste Wachstum in der Eurozone verzeichnen. (Lukas Sustala, DER STANDARD, 8.11.2012)