Grünalgen (rechts) können Korallen schädigen, diese lassen sich deshalb von Grundeln helfen, die das Seegras fressen.

Foto: Danielle Dixson

Washington/Wien - Manche Lebewesen haben einen entscheidenden Nachteil, wenn sie es mit Feinden zu tun bekommen. Sie können nicht weglaufen, weil sie angewachsen sind. Pflanzen sind davon ebenso betroffen wie Korallen, die koloniebildenden Nesseltiere. Deshalb müssen sie sich auf andere Art und Weise schützen.

Eine tropische Steinkorallenart ruft im Notfall Fische herbei, berichten nun zwei US-Meeresbiologen im Wissenschaftsmagazin "Science": Kommt die Koralle mit den fadenförmigen Ausläufern einer giftigen Grünalge (Chlorodesmis fastigiata) in Kontakt, so wird sie durch darin enthaltene Giftstoffe geschädigt. Hilfe naht in Form kleiner bunter Grundeln, von denen zumindest ein Pärchen in den meisten Acropora-Korallenstöcken haust, berichten Mark Hay und seine Kollegin Danielle Dixson vom Georgia Institute of Technology in Atlanta.

Brachten die Biologen Steinkoralle und Grünalge gezielt in Kontakt, wurden die korallenbewohnenden Grundeln binnen Minuten aktiv: 15 Minuten nach dem Korallenalarm waren 70 Prozent der ansässigen Grundeln zur Stelle und entfernten die schädlichen Haaralgen. Eine bestimmte Grundelart fraß die Algen sogar und verbesserte auf diese Weise die Wirksamkeit ihres giftigen Hautschleims.

Aber wie bringen die Korallen die Fische dazu, erste Hilfe zu leisten? Wie Hay und Dixson herausfanden, sondert das Nesseltier Duftstoffe an das Meerwasser ab, die wiederum korallenbewohnende Grundeln zum Einschreiten animieren. "Die Evolution hat diese Fische mit der Fähigkeit versehen, auf die Duftstoffe der Koralle zu reagieren und sich unverzüglich des Problems anzunehmen", sagt Hay.

Der olfaktorische Hilferuf wird indes nicht von allen Fischen erhört. Werden Riffbarsche mit dem Algenproblem konfrontiert, räumen sie einfach das Feld. (tasch/DER STANDARD, 10./11. 11. 2012)