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Petra Püchner, Steinbeis- Stiftung-Europazentrum.

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Expertin Petra Püchner kritisiert, dass es kein eigenes Budget dafür geben soll.

Selbst ein Bäcker könne neue Getreidesorten verwenden und neue Backverfahren entwickeln, um etwa mit einem sehr eiweißreichen Brot auf den Markt zu gehen, sagt Petra Püchner, Geschäftsführerin des Steinbeis-Stiftung-Europazentrums in Stuttgart. Innovation ist auch für Klein- und Mittelbetriebe (KMU) relevant, obwohl das Gros der Betriebe nie Technologieführer sein wird und nur wenige Prozent tatsächlich eigene Forschung machen.

Dass achte Forschungsrahmenprogramm der EU mit Namen Horizon 2020 wird zur Zeit ausverhandelt, 2014 soll es das aktuelle ablösen. Die auf Wissen- und Technologietransfer spezialisierte Steinbeis-Stiftung in Stuttgart berät die EU-Kommission in Forschungsfragen und brachte Ideen speziell zu Maßnahmen für Klein- und Mittelbetriebe (KMU) ein. Petra Püchner berät als Mitglied eines Advisory Boards die EU-Kommission. An der Förderung von KMU im neuen Forschungsrahmenprogramm kritisiert sie vor allem die Aufteilung der Budgetmittel: "In den letzten Rahmenprogrammen gab es immer ein eigenes KMU-Forschungsprogramm. Dieses eigene Programm mit eigenem Budget gibt es nicht mehr", sagt Püchner im Standard-Gespräch.

Das neue KMU-Instrument innerhalb von Horizon 2020 teilt die Unterstützung in drei Phasen: Zuerst gibt es ein Jahr Maximalförderung für Ideengenerierung, Marktanalyse und Machbarkeitsstudien. Dann kann ein Folgeprojekt beantragt werden, um weitere Forschung zu betreiben, oder marktnahe Maßnahmen zu finanzieren. In der dritten Phase folgt der Markteintritt. Den geförderten Unternehmen soll ein Mentor und Coach zur Seite gestellt werden, um ihnen beim Erreichen des Forschungsziels beizustehen. Internationale Erfahrungen zeigte, dass solche Programme vor allem von kleineren Unternehmen genutzt werden, erklärt Püchner.

Vorgesehen ist im Vorschlag der Kommission, dass die anderen Forschungsprogramme, die über Budget verfügen, 15 Prozent für das KMU-Instrument abgeben. Das sei aber bereits im siebten Forschungsrahmenprogramm der Fall gewesen, dennoch gab es ein eigenes KMU-Programm mit Budget, sagt Püchner.

Die gesamten Budgetmittel seien in Horizon 2020 zwar stark nach oben korrigiert worden - wobei die Zustimmung des EU-Parlaments noch aussteht. "Wir werden aber jede Menge Mittelständler haben, die dieses KMU-Instrument gar nicht brauchen, sondern viel mehr davon haben, wenn sie an diesen großen Forschungsprojekten teilnehmen", erklärt Püchner.

"Es wird wahrscheinlich sogar so sein, dass viele Programme sagen, wir geben unsere 15 Prozent gar nicht ab." Das Gesundheitsprogramm habe bereits jetzt schon erfolgreich mittelständische Unternehmen in ihre technologischen Programme miteingebunden. "Das werden sie auch in Zukunft so machen wollen. Ich kann nur sagen: Recht haben sie." Die Gelder sollen in den Technologieprogrammen an die KMUs gehen, nicht in dieses sehr spezielle KMU-Instrument.

Wenn das Instrument in der Form durchgeht, bleibt die Frage, wie das Mentoring aussehen soll. Püchner hat für die Steinbeis-Stiftung einen Vorschlag erarbeitet und für einen EU-Call eingereicht, genauso wie eine Reihe von anderen Institutionen, von großen Unternehmensberatungen bis zu kleineren Netzwerken. Als Teil eines etablierten Netzwerkes setzt die Steinbeis-Stiftung dabei auf ihre vorhandene Strukturen.

Genutzte Forschungsergebnisse

Der Erfolg von Förderung und Beratung sei letzten Endes daran ablesbar, ob die Forschungsergebnisse auch genutzt würden. Auch wenn KMU involviert seien, würden laut Studien nur 20 bis 30 Prozent verwertet. " Das ist natürlich fatal, bedenkt man, dass das alles Steuergelder sind, die dem Forschungsprogramm zur Verfügung stehen." Püchner wäre "einverstanden, wenn wir als Mentoren an den Ergebnissen gemessen und danach finanziert werden." Nur für erfolgreiche Verwertungen soll Geld an das Mentoring gehen.

Für KMU müsse es auf unterschiedlichen Ebenen Angebote geben. Innovationsgutscheine seien sehr gut für kleine Firmen, die noch nie etwas mit Forschung gemacht haben. "Niederschwellige Angebote, einfaches Verfahren, das brauchen wir."

In Österreich gibt es steuerliche Erleichterungen für forschende Unternehmen, in Deutschland wird das diskutiert. "Die Unternehmen sagen mir, sie haben mehr davon als von jedem Förderprogramm. Für die, die selber forschen, ist das auf jeden Fall eine Lösung. Für Unternehmen, die externes Know-how brauchen, wird es weiterhin niederschwellige Angebote geben müssen."

Man brauche aber genauso die europäischen KMU-Maßnahmen, bei denen etwa Mittelständler aus verschiedenen Länder gezwungen sind, zusammenzuarbeiten - was bei dem neuen Instrument aber ebenfalls fallen soll. Man müsse "die KMUs manchmal zu ihrem Glück zwingen, über den Tellerrand hinauszuschauen." (Alois Pumhösel,  DER STANDARD, 14.11.2012)

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Wissen: Die neue EU-Forschungsstrategie

Mit dem 80 Milliarden schweren Förderungstopf von Horizon 2020 soll die globale Wettbewerbsfähigkeit Europas sichergestellt werden. Das Programm verspricht Vereinfachungen durch ein gemeinsames Regelwerk und ersetzt damit unterschiedlichen Forschungs- und Innovationsprogramme der EU.

Spitzenforschung wird mit knapp 25 Mrd. Euro gefördert, Innovation in Industrie und Wirtschaft mit 18 Mrd. An die 32 Mrd. sollen in die Bereiche Klimaforschung, nachhaltige Mobilität, günstige erneuerbare Energie, Nahrungsmittelsicherheit und die Herausforderungen einer älter werdenden Bevölkerung fließen. Konkrete Ziele in den Bereichen Beschäftigung, Innovation, Bildung, soziale Integration und Klima/Energie sollen bis zum Jahr 2020 erreicht werden.

Das Paket wurde Ende November 2011 von der Kommission vorgeschlagen, seitdem wird verhandelt. In der Vorbereitungszeit wurden unter anderem das bisherige, siebte Rahmenprogramm evaluiert und die Vorstellungen der einzelnen Regierungen abgeglichen. Nach der momentanen Einsichtnahme durch das Europäische Parlament - das länger braucht als vorgesehen - geht es wieder zurück an die Kommission. Mitte 2013 soll das Rahmenprogramm beschlossen werden. (pum)