"Schöner Wohnen"-Magazine und David-Hamilton-Fotos aus den 1970er-Jahren liefern die Kulissen für Anita Witeks verschachtelte Räume.

Foto: Witek

Wien - Man weiß nicht immer genau, wo oben und unten ist: Manchmal lassen Jalousien oder ein Bretterboden zwar noch Raumkoordinaten erahnen, auf einigen Collagen hat Anita Witek ihre Raumbilder jedoch derart zersetzt, dass der Blick sich nirgendwo mehr anhalten kann.

Ausgangsmaterial ihrer Collage-Serie Best of ... waren einerseits Schöner Wohnen-Magazine aus den 1970er-Jahren und das Buch The Best of David Hamilton, in dem der berühmt-berüchtigte Fotograf mit dem Weichzeichner seine erotischen Fantasien auslebte.

Von alledem hat Witek, die unter anderem am Royal Collage of Art in London studierte, freilich nicht viel übriggelassen: Die Innen- und Außenräume, die sie seziert, neu montiert und in mehreren Arbeitsschritten immer wieder abfotografiert, enthalten nur noch Andeutungen jener Landschaften, in die Hamilton damals die Mädchen setzte.

Weich fließende Wellen werden auf ihren großformatigen Bildern beispielsweise von konstruktivistisch wirkenden Raumelementen gebrochen. Auch die Jalousien hat sie - weit entfernt von jeder Erotik - ausschließlich raumstrukturierend in Szene gesetzt. Der in die Tiefe der ineinander verschachtelten Räume wandernde Blick sucht dort vergeblich nach einem Bildhintergrund. Dieser wird von darüberliegenden Bildelementen - wie den zum Teil nur lose drapierten Schnipseln - wieder an die Oberfläche gelenkt.

Die Hängung der Bilder in beinahe identen Paaren verstärkt zudem ein Vexierspiel, das nicht zuletzt den repräsentativen Funktionen des Mediums Fotografie gilt. Jenseits ihrer Abbildfunktion öffnen Witeks Aufnahmen die unterschiedlichsten Realitäts- und Bildebenen. Ebenen, die laufend zwischen Gegenstands- und Illusionsraum hin und her kippen.

Aus der Entfernung bleibt der ästhetische Charme der 1970er-Jahre erhalten, der an Collagen von Martha Rosler erinnert (auch sie verwendete Wohnmagazine - etwa für Bringing the War Home). Sie lassen aber auch an die architektonischen Skizzen Mies van der Rohes denken. Beim Nähertreten lösen sich diese Assoziationen jedoch ganz schnell wieder auf, werden zu vagen Erinnerungen.   (Christa Benzer, DER STANDARD, 15.11.2012)