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Vor Gericht war Estibaliz C. bereits: Sie strengte Medienprozesse an. Nun muss sie sich wegen Doppelmordes verantworten.

Foto: APA/ROBERT JAEGER

Wien - Ab Montag zahlt es sich aus, dass das Wiener Landesgericht einen Großen Schwurgerichtssaal im Wiener Landesgericht hat. Denn der ist in den kommenden Wochen praktisch ausgebucht: Die Prozessakten gegen Exinnenminister Ernst Strasser und Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly stapeln sich ab Ende November auf dem Richtertisch. Den Auftakt der clamorosen Verfahren macht aber ab Anfang nächster Woche der Prozess gegen Estibaliz C. - jene Frau, der der Mord an zwei Lebensgefährten samt Entsorgung der Leichen im Keller vorgeworfen wird.

Leichenteile einbetoniert

Die von Staatsanwältin Ursula Kropiunig verfasste 21-seitige Anklage legt der 34-Jährigen Heftiges zur Last. Die Frau soll im April 2008 ihren Exmann Holger H. und im November 2010 ihren Lebensgefährten Manfred H. getötet, zerstückelt und die Leichenteile im Keller ihres Eissalons in Wien-Meidling einbetoniert haben.

Das Motiv liegt laut Anklage im Beziehungsbereich. Holger H. soll sich aus C.s Sicht nicht rasch genug aus der gemeinsamen Wohnung absentiert und den Platz für einen neuen Lebensgefährten freigemacht haben. 2009 wiederum kam die Spanierin mit Manfred H. zusammen, der aber nebenbei weitere Beziehungen unterhalten haben soll.

Beide Männer wurden erschossen: Holger H., während er am Computer saß, Manfred H., als er schlief. Die Beseitigung der Leichen soll der Unternehmerin dann zu heimwerkerischen Fähigkeiten verholfen haben. Mit einer Kettensäge soll sie die Körper zerstückelt, die Teile einbetoniert und schließlich im Keller deponiert haben.

Hohe Rückfallwahrscheinlichkeit prognostiziert

Aber die Staatsanwältin will nicht nur, dass die Geschworenen C. in dem auf vier Tage anberaumten Prozess unter Vorsitz von Susanne Lehr wegen Doppelmordes verurteilen - sie soll nach der Anhörung von 47 Zeugen auch in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen werden. Denn: Die psychiatrische Sachverständige Adelheid Kastner glaubt, dass C. eine hohe Rückfallwahrscheinlichkeit hat. Demnach liegt das Risiko, dass die Eissalonbetreiberin wieder einschlägig straffällig wird, bei mehr als einem Drittel. Die übliche Rückfallquote bei Mördern liegt demgegenüber deutlich im einstelligen Prozentbereich.

Die Medizinerin bescheinigt der 34-Jährigen eine "kombinierte Persönlichkeitsstörung mit abhängigen, narzisstischen, histrionischen und disozialen Komponenten" und "massive Defizite, was die Fähigkeit zum emotionalen Einfühlen in andere betrifft".

Kastner geht in ihrem Gutachten davon aus, dass Estibaliz C. auch künftig "Tötungsdelikte an Beziehungspartnern" zuzutrauen sind, "die den an sie gestellten Anforderungen nach emotionaler Befriedigung und weitreichender emotionaler Versorgung nicht beziehungsweise zunehmend nicht entsprechen, die sich aber weigern, den Weg freizumachen für potenziell ergiebigere andere".

"Hinter die Fassade schauen"

Verteidigt wird C. vom Duo Rudolf Mayer und Werner Tomanek. Mayer will erreichen, "dass die Geschworenen hinter die Fassade schauen sollen". Denn die Angeklagte, die sich schuldig bekennen werde, wisse, dass sie ein schweres psychisches Problem habe. Und wenn die Taten zwar nicht im Affekt begangen wurden, seien sie doch Beziehungstaten aus einer bestimmten Affektlage heraus.

Eine neue Beziehung hat C. jedenfalls schon wieder. Nachdem sie im Jänner 2012 in Haft einen Buben zur Welt gebracht hatte, hat sie dessen Vater Ende März im Gefängnis geheiratet. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 17./18.11.2012)