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Eiskalte Mörderin oder leidendes Opfer ihrer Männer: Die Frage, warum Estibaliz C. zwei ihrer Partner erschossen und einbetoniert haben soll, bleibt umstritten.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Wien - Das Ringen um die Deutungshoheit über den Charakter von Estibaliz C. geht auch am zweiten Tag des "Kellerleichen-Prozesses" im Großen Schwurgerichtssaal im Wiener Landesgericht weiter.

Während die Staatsanwältinnen Petra Freh und Dagmar Pulker versuchen, die 34-Jährige als berechnende Mörderin darzustellen, ist das Verteidigerduo Rudolf Mayer und Werner Tomanek damit beschäftigt, ihre Klientin als Opfer ihres Leidensdruckes zu schildern.

Schon am Beginn des Verhandlungstages reagiert Mayer auf eine Geschworenenfrage vom Montag: Warum C. so ruhig und sachlich wirke? Die Lösung: Die Spanierin nimmt einen ganzen Mix an Psychopharmaka, die sie dämpfen.

Befragung italienischer Polizeibeamter

Ihre Schilderungen, dass sie in der Haft auch regelmäßig zu Psychiatern und Psychologen gehe, kontert Anklägerin Freh wiederum damit, dass es bei den Gesprächen mit der Psychologin nicht um die Tat gehe, sondern um eine Art Haftbetreuung. Woher sie das weiß und ob die Psychologin von der Schweigepflicht entbunden wurde, blieb allerdings offen.

Die Zeugenrunde beginnt mit der Befragung jener italienischen Polizeibeamten, die C. im Juni 2011 in Udine, wohin sie nach der Entdeckung der Leichen geflüchtet war, verhaftet haben. Ruhig, aber auch bestürzt sei sie gewesen, schildert etwa Massimiliano O.

Eine Kollegin von ihm beschreibt, dass C. die Angehörigen ihres zweiten Opfers leidgetan hätten. "Die Opfer nicht?", will Staatsanwältin Pulker wissen. " Nein, da hat sie nur gesagt, sie habe keinen anderen Ausweg gesehen."

Ehemann verweigert Aussage

Der mit Spannung erwartete Auftritt des nunmehrigen Ehemanns der Angeklagten ist kurz: Der 49-Jährige schaut beim Betreten des Saales kurz Richtung Anklagebank, verweigert die Aussage und geht, ohne seine Frau, die immer wieder nervös mit dem rechten Bein zuckt, nochmals anzusehen.

Differenziertes Bild

Die Aussagen von Ex-Partnern beziehungsweise Affären zeichneten von C. ein differenziertes Bild. Sie habe immer nur gemacht, was andere gesagt hätten, habe aber gleichzeitig "ein vorzügliches Eigenmarketing" betrieben, erzählt einer. Gleichzeitig bestätigte er, dass Manfred H., das zweite Mordopfer, herablassend und präpotent gewesen sei.

"Lieb, nett, sympathisch" sei sie gewesen, erklärt wiederum Alexander G. dem Geschworenengericht unter Vorsitz von Susanne Lehr. Ein Jahr war er mit ihr zusammen - dass sie in diesem Zeitraum ihren Ex-Mann Holger H. erschossen hat, sei ihm nicht aufgefallen, Verhaltensänderungen habe es nicht gegeben.

Am Mittwoch wird fortgesetzt. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 21.11.2012)