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Man sieht Österreichs Finanzministerin Maria Fekter im Gespräch mit Portugals Finanzminister Vito Gaspar an, dass es schwere Verhandlungen waren.

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Die Griechen freut das nicht. Die finanzielle Lage ist angespannt.

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Brüssel/Athen - Die Euro-Gruppe ist an einer Lösung für Griechenland gescheitert. Damit liegt auch die Auszahlung der nächsten Hilfstranche auf Eis. Allerdings lässt Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel durchblicken, wie eine Lösung aussehen könnte. Sie will Athen mit einer Kombination aus Zinssenkungen und einer Aufstockung des Rettungsfonds EFSF vor der Staatspleite bewahren. Die EFSF-Bürgschaften sollten um zehn Milliarden Euro aufgestockt werden. Deutschland sei bereit, dazu seinen Beitrag zu leisten.

Merkel rechnet aber nicht mit einer raschen Lösung der Schuldenkrise in Europa. Die Probleme seien nicht "in ein, zwei Jahren zu lösen".

Samaras verärgert

"Wir haben intensiv diskutiert", sagte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble, "aber da die Fragen kompliziert sind, haben wir keine abschließende Lösung gefunden." Die Gespräche sollen nun am Montag fortgesetzt werden, nicht zuletzt um die Beratungen der Staats- und Regierungschefs über den langjährigen Haushalt der EU ab Donnerstag davon frei zu halten.

Der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras ist verärgert: "Griechenland hat gehalten, wozu es sich verpflichtet hat. Unsere Partner müssen nun das ebenfalls tun." Auch die Anleger reagieren verschnupft. Die Börsen tendieren europaweit etwas schwächer (siehe unsere Marktberichte).

Zweiter Rückschlag

Das Scheitern der Euro-Gruppe ist bereits der zweite Rückschlag in der Schuldenkrise innerhalb von zwei Tagen, der die Verunsicherung an den Märkten schürt: Frankreich verlor in der Nacht zum Dienstag sein Top-Rating AAA auch bei der US-Ratingagentur Moody's.

Auch Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker beschrieb die nächtlichen Beratungen als "extensiv", was in der Diplomatensprache in der Regel eine heftige Aussprache bedeutet. "Die Euro-Gruppe hat ihr Treffen unterbrochen, um weitere technische Arbeiten an einigen Elementen des Pakets zu erlauben." Das "rechtfertige weder Nachlässigkeiten noch Verzögerungen", kritisiert hingegen Samaras. Er sieht die Stabilität der Eurozone in Gefahr. Schäuble und Juncker betonten unisono, Griechenland habe aber bis dato alle Zusagen erfüllt.

Aufschub kostet 30 Milliarden Euro

Die Finanzminister hatten eine ganze Reihe von Konfliktpunkten auf der Tagesordnung. Das Ausmaß der Finanzlöcher in der bisherigen Planung für eine Sanierung des öffentlichen Haushaltes in Athen und einen langfristigen Schuldenabbau ist groß: Allein der Aufschub des Defizitziels um zwei Jahre auf 2016 macht zusätzlich mehr als 30 Milliarden Euro nötig, die nach dem Wunsch von Staaten wie Deutschland und der Niederlande ohne frisches Geld gedeckt werden sollen.

Zur Stützung Griechenlands ist nach Darstellung Merkels eine leichte Aufstockung des Rettungsschirms EFSF denkbar. Eine Erhöhung seiner Garantien um etwa zehn Milliarden Euro könnte ein Schuldenrückkaufprogramm ermöglichen.

Auch der geplante Schuldenabbau auf 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ist auf keinen Fall ohne Zugeständnisse der Geldgeber zu erreichen, selbst wenn dem Land hierfür ebenfalls zwei Jahre länger bis 2022 Zeit gegeben wird. Ohne Aufschub ist ein Stand von 120 Prozent bis zum Ende des Jahrzehnts wohl nur durch einen Schuldennachlass der öffentlichen Gläubiger wie EZB, IMF oder Euro-Staaten zu schaffen. Aber auch das lehnen unter anderem Deutschland und die Niederlande ab.

Gleichzeitig wartet Griechenland dringend auf die nächste Hilfstranche. Wegen aufgelaufener Zahlungen seit Sommer kann sie bis zu 44 Milliarden erreichen.

Griechenlands Schuldenberg

Dem Basis-Szenario eines Reuters vorliegenden Papiers zufolge würde der griechische Schuldenstand unter unveränderten Bedingungen 2020 bei 144 Prozent liegen, 2022 auf 133 Prozent sinken und 2030 auf 111 Prozent.

Folgende Gegenmaßnahmen werden offen diskutiert. Erstens: Der Berg würde um 4,6 Prozentpunkte gesenkt, wenn die EZB die Gewinne aus ihren griechischen Anleihen an die Regierung in Athen weiterreichen würde. Zweitens: Ein Aussetzen der Zinsen auf die 130 Milliarden Euro umfassenden Kredite des Europäischen Rettungsschirms EFSF für zehn Jahre brächten weitere 16,9 Prozentpunkte oder 43,8 Milliarden Euro. Drittens: Eine Senkung der Zinsen könnte je nach Gestaltung dieses Instruments bis zu 5,1 Prozentpunkte wegnehmen.

Anleihenrückkauf, aber kein Schuldenschnitt

Viertens: Der Vorschlag rechnet auch einen Rückkauf von Anleihen von Privatgläubigern ein, für den verschiedene Szenarien vorgestellt werden. So kämen eine Milliarde Euro oder 0,5 Prozentpunkte zusammen, wenn Griechenland die beim Schuldenschnitt im März ausgegebenen Anleihen zum halben Preis erwerben würde. Als "derzeit vernünftigen Korridor" bezeichnet die Troika den Rückkauf von Anleihen im Umfang von zehn Milliarden Euro zu einem Preis zwischen 30 und 35 Prozent ihres nominalen Werts. Sollte das Euro-Land 50 Prozent ihres Werts bieten, würde sich der Schuldenberg bis 2020 dank dieses Schritts um 2,4 Prozentpunkte reduzieren. Die Option, private Gläubiger zu einer Beteiligung an dem Rückkauf zu zwingen, verwirft das Papier.

Je nach Laufzeit sind griechische Anleihen derzeit zwischen 20 und 30 Cent pro Euro wert. Der Privatsektor hält noch rund 60 Milliarden Euro aller griechischen Staatsanleihen im Umfang von 340 Milliarden Euro. Ein Rückkauf soll EU-Vertretern zufolge 30 bis 40 Milliarden erfassen. Eine Reduzierung des Schuldenstands von etwa 144 Prozent auf 120 Prozent bedeutet den Abbau von gut 50 Milliarden Euro. (APA/Reuters, derStandard.at, 21.11.2012)