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"Die Gesundheitsreform soll kein Geheimthema sein", sagt der Ärztekammer-Präsident Artur Wechselberger.

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Die Vertreter der Ärztekammer tragen "Alles krank"-Buttons bei ihrer Pressekonferenz. Der Adressat ihrer Kritik ist die Regierung und vor allem Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ), der an der geplanten Gesundheitsreform federführend beteiligt ist. "Die Gesundheitsreform soll kein Geheimthema sein", sagt Artur Wechselberger, Präsident der österreichischen Ärztekammer. Sie werde hinter verschlossenen Türen verhandelt, es seien "Geheimverhandlungen", die Ängste in der Bevölkerung und in der Ärzteschaft schüren. Leistungskürzungen seien unvermeidlich, sagt die Ärztekammer. Am Nachmittag war ein Protestkonvent angesetzt, wo weitere Maßnahmen beraten werden. 

Die Ärztekammer ist in die Verhandlungen zur Gesundheitsreform nicht eingebunden, verhandelt wird sie zur Zeit von Gesundheitsminister Stöger, Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP), Wiens Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ), Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP), Ingrid Reischl, Obfrau der Wiener Gebietskrankenkasse und Hauptverbands-Vorsitzenden Hans Jörg Schelling. Für Freitag ist ein weiterer Termin angeordnet, die Verhandlungen sind in der Zielgeraden. 

Vorerst keine Praxisschließungen

Bei dem Protestkonvent am Nachmittag wollen die Ärztevertreter den offenen Brief der Verhandler beantworten. Auch weitere Protestmaßnahmen stehen im Raum. Auf einen Streik oder Ordinationsschließungen haben sich die Ärzte nicht geeinigt.Wechselberger hatte am Vormittag noch angekündigt, dass Maßnahmen gesetzt werden können, die die Patienten auch spüren werden, wie etwas Schließungen von Arztpraxen oder Proteste in Spitälern.  Wechselberger fordert die Regierung auf, "reinen Wein einzuschenken". Bei der Gesundheitsreform solle der Fokus auf der Versorgung und nicht auf der Verteilung von Machtverhältnissen und Finanzen liegen.

Karl Forstner, Präsident der Salzburger Ärztekammer, ist davon überzeugt, dass die Regierung Maßnahmen maskiere und Einsparungen als Gesundheitsreform bezeichne. Die Ärztekammer rechnet dadurch mit Leistungsverlusten. Elf Milliarden Euro sollen bis 2020 eingespart werden, die können "nicht spurlos am System vorbeigehen". Forstner befürchtet eine Zweiklassenmedizin, die im Gegensatz zur Wertehaltung der österreichischen Ärzte stehe. Das System soll "fair, sozial und gerecht" bleiben, sagt Forstner. Die Ärztekammer spreche sich nicht gegen eine Gesundheitsreform oder Sparmaßnahmen aus, die Konsequenzen müssen aber kommuniziert werden.

Der Transfer der Gesundheitsleistungen vom Spitalsbereich in den niedergelassenen Bereich, sei zwar zu begrüßen, die Bedingungen müssten dann aber im niedergelassenen Bereich auch geschaffen werden, meint Johannes Steinhart, Obmann der niedergelassenen Ärzte. 3300 Stellen fehlen, diese müssen finanziert werden, um die Versorgung gewährleisten zu können. 

Keine Verunsicherung

Die Gesundheitsreform bestehe nur aus Finanzzielen. Bereits heute gebe es Defizite in der physikalischen Versorgung, in der Adipositasbehandlung aber auch bei der psychiatrischen Versorgung. Gesundheitsleistungen dürfen nicht vom Einkommen abhängig sein, das sei eine große Gefahr.

Den Vorwurf von Verhandlerseite, dass die Ärzte mit ihrer Informationskampagne Patienten verunsichern, wollte Wechselberger nicht auf sich sitzen lassen und gibt ihn zurück: Die Regierung verunsichere die Bevölkerung durch ihre Geheimverhandlungen.

Protestkonvent im Museumsquartier

Bei ihrer außerordentlichen Vollversammlung im Museumsquartier hat die Ärztekammer einstimmig eine Resolution gegen die geplante Gesundheitsreform verabschiedet. Mehrere Hundert Ärzte haben großteils im weißen Kittel daran teilgenommen.

Die Kammer protestierte in der Resolution gegen "Zentralisierung, Verstaatlichung und weitere Bürokratisierung des Gesundheitswesens". Man bekenne sich zu einem sozialen und solidarischen Gesundheitssystem, dieses sei durch die geplanten Einsparungen gefährdet.  (mte/APA, derStandard.at, 21.11.2012)