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Thompson und seine Fans bei einem Konzert in Split im Jahr 2007.

Foto: Marija Blazanin / apa

Spaziert man durch Migranten-Bezirke in Wien oder schaut sich in öffentlichen Verkehrsmitteln etwas genauer um, entdeckt man Graffitis und Schmierereien, die nicht auf den ersten Blick einzuordnen sind. Da wäre zum Beispiel das Ustascha-Zeichen (ein U mit einem Kreuz oder der kroatischen Flagge in der Mitte), oder auch das serbischen Kreuz mit vier S (kyrillisch als C geschrieben) sowie die drei Halbmonde, der türkischen rechtsextremen Nationalisten.

Diese Spuren zeugen von radikalen Tendenzen bei einigen Einwanderergruppen, insbesondere unter den Jungen der sogenannten zweiten Generation. Obwohl die meisten von ihnen die vergangenen und aktuellen Konflikte aus den Herkunftsländern ihrer Eltern nur aus Erzählungen oder den Medien kennen, "schmücken" sie nicht nur Wien, sondern auch oft sich selbst - auch in Form von Tattoos - mit nationalistischen und faschistischen Symbolen.

Sie jubeln zum Beispiel dem kroatischen Rocksänger Thompson zu, der in seinen Liedtexten die faschistischen Ustascha-Truppen hochleben lässt und Serben erneut in das Konzentrationslager Jasenovac wünscht. Marko Perković gab sich übrigens den Künstlernamen "Thompson", nach der Marke der Maschinenpistole, die er im Jugoslawienkrieg verwendete. Jahrelang durfte er in Österreich auftreten, wo er große Popularität genießt, genauso wie in der kroatischen Diaspora weltweit. Seit 2008 wurden seine Konzerte reihenweise in Deutschland, der Schweiz und Österreich abgesagt - es hatte sich endlich herumgesprochen, welches Gedankengut Thompson verbreitet.

Auch die serbische Diaspora wurde im Zuge der Balkankriege radikalisiert. Die ehemaligen jugoslawischen Gastarbeiter-Vereine spalteten sich Ender der Achtziger und Anfang der Neunziger Jahre in neue "patriotische" Vereinigungen, für Kroaten und Serben. Gastarbeiter waren eine beliebte Zielgruppe für die Propaganda der neuentstandenen nationalistischen Parteien in der alten Heimat - sie wurden um Spende gebeten, die nicht selten in Waffen investiert wurden.

Ein etwas neueres Phänomen ist das Werben der rechtspopulistischen FPÖ um die serbischen Community in Österreich. In der stark emotional geladenen Kosovo-Debatte, stellten sich Strache und Co auf die Seite der Serben. Die nichtchristlichen Kosovoalbaner sind das gemeinsame Feindbild. Im Wahlkampf tourte Strache durch die Lokalmeile in der Ottakringer Straße.

Doch nicht nur die Kriege im Ex-Jugoslawien bewegen die jungen MigrantInnen, auch der türkisch-kurdischen Konflikt wurde in der Diaspora ausgetragen. Die türkischen ultranationalistischen "Grauen Wölfe" betreiben auch in Österreich Stimmungsmache gegen ethnische und religiöse Minderheiten, vorzugsweise gegen Armenier, Aleviten, Juden und Kurden, wie der kürzlich erschienene Sammelband "Grauer Wolf im Schafspelz. Rechtsextremismus in der Einwanderungsgesellschaft" belegt.

Das Wirken faschistischer und rechtsextremer Ideologien und Aktivitäten aus den Ex-Jugoslawische Ländern und der Türkei wird bei uns kaum thematisiert. Expertenwissen - welches derzeit kaum vorhanden ist - sollte in Schulen und Jugendorganisationen verstärkt vermittelt werden. Angesichts der Anzahl der SchülerInnen mit Migrationshintergrund können wir uns keine Einseitigkeit bei der Aufklärung mehr leisten. (Olivera Stajić, 21.11.2012, daStandard.at)