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Alois Brunner auf zwei historischen Fotos - aus Anlass eines Prozesses in Abwesenheit 2001 in Paris.

Foto: apa / epa / Daniel Janin

Wien - Am 8. April 2012 wäre der ehemalige SS-Hauptsturmführer Alois Brunner, als Mitarbeiter von Adolf Eichmann verantwortlich für die Deportation von weit über 100.000 Juden in die Konzentrations- und Vernichtungslager des Dritten Reiches, 100 Jahre alt geworden. Oder er wurde es sogar: Es gibt weiterhin keine bestätigte Todesnachricht über den österreichischen Kriegsverbrecher, der in Syrien untergetaucht ist.

Der steirische Autor Manfred Rumpl, 1960 in Mixnitz geboren, lässt Brunner im Roman Ein Echo jener Zeit (Droschl) bis zu seinem runden Geburtstag leben. Und er lässt eine Journalistin, unterwegs im schwarzen Alfa, über ihn recherchieren: Aus bekanntem Material entsteht eine bruchstückhafte, fiktive Biografie jenes Massenmörders, der nie Reue zeigte. Geschickt verknüpft Rumpl die Familiengeschichte der Journalistin, die ob ihrer Nachforschungen ins Fadenkreuz der Neonazi-Szene rund um Gerd Honsik (im Roman "Endsik") gerät, mit dem Leben von Brunner. Der spekulative Plot würde sich zum Verfilmen eignen: Ein Echo jener Zeit wird gegen Ende hin, wenn sich die Handlungsstränge vereinen, ungemein spannend. Es gibt zudem ein Happy End auf allen Ebenen. Eine tiefer schürfende Auseinandersetzung mit dem Mörder Brunner aber bietet der Roman nicht.

Dies gelingt hingegen dem Kabarettisten Christian Springer, 1964 in München geboren. Man sollte sich vom ach-so-lustigen Cover und dem dümmlichen Titel Nazi, komm raus! (Langen Müller) nicht abschrecken lassen: Springer erzählt von seinen jahrelangen peniblen Recherchen über Brunner. Er hatte sich diesem an die Fersen geheftet, weil er nicht verstehen konnte, dass die Behörden in Deutschland (wie in Österreich) kein Interesse zeigten, den Massenmörder vor Gericht zu stellen. Brunner in Syrien aufgestöbert hat er zwar nicht; aber mit seinem Buch ruft er auf, nicht jede Sauerei zu tolerieren, sondern Zivilcourage zu zeigen. Respekt.    (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 23.11.2012)