Roland Koch in seiner Wohnung: Am Flur aufgefädelt liegen Schlaf- und Kinderzimmer, dahinter liegt das sogenannte Atelier, an das der Garten anschließt.

Foto: Lisi Specht

Der Schauspieler Roland Koch wohnt mit seiner Familie im 14. Wiener Bezirk. Im Garten gibt's Wein und Kartoffeln. Michael Hausenblas war zu Besuch.

"Wir kamen gerade aus dem Urlaub zurück und begannen noch am selben Abend, nach einer neuen Wohnung zu suchen. Irgendwie hatten wir auf einmal so ein Gefühl von Eingesperrtheit, obwohl die Wohnung, in der wir bis dahin lebten, eine sehr schöne war. Sie lag im Botschaftsviertel im dritten Bezirk.

Wir wussten, es würde schwierig werden, etwas mit Balkon zu bekommen, aber schon nach Minuten stießen wir auf die Anzeige 'Biedermeier-Rarität in Penzing'. Sogar besichtigt haben wir die Wohnung noch am selben Abend, obwohl wir auf dem Weg zum Termin schon kehrtmachen wollten. Das Haus liegt nämlich an einer wirklich hässlichen Straße. Aber nach fünf Minuten in der Wohnung hatten wir diese vergessen. Drei Monate später zogen wir ein. Das war 2004. Wir, das sind meine Frau, die Schauspielerin Nicola Kirsch, und unsere sechs Monate alte Tochter Ava. Und die drei großen Töchter, die aber nur sporadisch im Haus sind.

Unsere Bleibe misst knapp 200 Quadratmeter, der Garten ist etwas größer. Es gibt straßenseitig ein großes Wohnzimmer, das banaleren Dingen wie Fernsehen, Rechnungen-Überweisen und solchen Sachen dient. Erst heute haben wir darüber gesprochen, dass wir von nun an auch alle Telefonate und E-Mails in diesem Raum erledigen wollen. Außerdem gibt es einen Vorraum, ein Badezimmer und schließlich einen Gang, an dem das Schlafzimmer und das Kinderzimmer aufgefädelt sind. Die Wände zu diesen Zimmern, die wie großzügige Schiffskabinen wirken, sind alte Haus- und Hotelzimmertüren aus Glas und Holz. Alles ist offen, aber man kann sich trotzdem zurückziehen.

Den Dingen nachhängen, Musik hören oder abgeschieden sein - das funktioniert am besten im Atelier. Der Raum heißt Atelier, weil ein Maler an diesem Ort wahrscheinlich malen würde. Am meisten nützen wir allerdings die Küche. Der große Küchentisch ist das Zentrum und stammt vom Großer-Sankt-Bernhard-Pass in der Schweiz. Ich denke, die Küche ist schon am frühen Morgen ein magnetischer Mittelpunkt. Das hat etwas mit Instinkt zu tun. Man will der Erste an der Futterkrippe sein, auch wenn es nur der Kaffeegeruch ist, der lockt.

Wir sind hier von einem Sammelsurium von Stilen und Gegenständen umgeben, wobei es mir vor allem um die Geschichten der Dinge geht. Den Drahtstuhl im Atelier zum Beispiel, den hab ich damals illegal aus Sibirien importiert. Ich hatte ein Gastspiel in Omsk, und beim Zoll haben wir gesagt, das Stück sei Teil des Bühnenbildes. Eigentlich gibt es hier schon viel zu viele Dinge, aber mir fällt das schon gar nicht mehr so auf - meiner Frau schon.

Besonders wichtig ist mir natürlich der Garten mit seiner kleinen Hütte und einer Sauna. Nachts in der Holzhütte sitzend, bilde ich mir ein, ich säße in den Bergen. Außerdem baue ich hier alles Mögliche an: Äpfel, Himbeeren, Wein, Kartoffeln und so weiter.

Das Haus war einst im Besitz eines Konditors, und im Atelier wurde früher angeblich Marmelade hergestellt. Damals sei das aber noch eine Scheune gewesen. Meine 90-jährige Nachbarin weiß solche Geschichten. Mit ihr unterhalte ich mich über den Zaun hinweg mit einem Glas Wein in der Hand. Man fabuliert über Schädlinge und Nützlinge, tauscht Blumenzwiebeln aus oder parliert übers Theater und die österreichische Politik. Und das mitten in Wien, mitten in der Natur in einem kleinen Paradies.

Doch, ich hab schon genug Zeit zum Wohnen. Die Dreharbeiten sind meistens auf ein paar Wochen komprimiert. Früher war das ganz anders, da war ich gut und gern das halbe Jahr unterwegs. Aber je öfter man fort ist, desto mehr braucht man einen eigenen Schutzraum, in den man sich zurückziehen kann." (DER STANDARD, 24./25.11.2012)