Rund 3000 Exponate sind von Schimmel befallen, darunter dieses Fass der Volkskundeabteilung - aber auch Objekte aus Leder und Eisen sind betroffen.

Foto: Landesmuseum Kärnten

Klagenfurt - Das historische Gedächtnis des Landes Kärnten im Landesmuseum: verlottert, vergammelt, verschimmelt. Das stellt ein Gutachten des Grazer Joanneums fest, mit dem Kärntens Kulturreferent Wolfgang Waldner (ÖVP) und Museumsdirektor Thomas Jerger am Montag an die Öffentlichkeit gingen. Es liegt auch dem STANDARD vor.

Das Kärntner Landesmuseum Rudolfinum - kaum 100 Meter von der Kärntner Landesregierung entfernt - befindet sich in einem verwahrlosten Zustand. Die Mauern sind völlig durchfeuchtet, Regenwasser rinnt durch nicht einmal mit Schlagbrettern vernagelte Löcher im Dach und beschädigt im desolaten Dachboden lieblos abgestellte Biedermeiermöbel, Gemälderahmen und Wappenschilde.

Noch schlimmer ist die Situation in den Depots im Keller. Dort schimmeln Sammelstücke - achtlos in enge Regale gestopft - wie nutzloses Gerümpel vor sich hin, wie der STANDARD bei einem Lokalaugenschein feststellten konnte. Rund 3000 Objekte dürften akut gefährdet, wenn nicht gar völlig zerstört sein.

Kulturerbe geschädigt

Es handelt sich meist um volkskundliche Stücke aus unterschiedlichen Epochen, aber auch um Bücher aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Die Böden des 200 Quadratmeter umfassenden Depotbereichs sind völlig verdreckt, die Wände modern und platzen wegen der hohen Feuchtigkeit auf. Infolge des Schimmelbefalls musste der gesamte Depotbereich unter Quarantäne gesetzt werden und darf nur mit Schutzanzügen und Schutzmasken betreten werden. Die Mitarbeiter der hauseigenen Tischlerei sind laut einem AUVA-Gutachten massiv gesundheitsgefährdet.

Doch auch einige Exponate in den Ausstellungsräumen weisen Schäden auf: so etwa berühmte Funde aus den Keltengräbern von Frög. Die Bleifigurinen und der bekannte Kultwagen zeigen deutlichen Spuren von Korrosion. Diese sei durch schädliche Lacke in der Ausstellungsvitrine hervorgerufen worden, sagt Museumsleiter Jerger zum Standard. "Wenn nichts passiert, drohen die Figurinen zu verklumpen." Auf einem Kultgefäß aus Frög seien die abgelösten Bleiornamente einfach mit Uhu aufgeklebt worden.

"Man hat dieses Museum unwürdig verkommen lassen", zeigt sich Waldner entsetzt. Er hatte das Kulturressort im September übernommen und stellt jetzt einmal eine Soforthilfe von 600.000 Euro bereit. Für die dringendsten Notmaßnahmen seien mindestens 1,1 Millionen Euro notwendig, sagt der neue Museumschef Jerger.

Im Kulturreferat sei die Misere seit langem bekannt gewesen. Die politische Verantwortung für die "Kulturschande Kärntens" sieht Waldner bei seinen Vorgängern, die sich trotz oftmaliger Hilferufe aus dem Museum nicht um die Rettung der Kulturgüter geschert hätten: Jörg Haider und Harald Dobernig (FPK). Letzterer habe Waldners Forderung nach einer Mio. Euro Soforthilfe verweigert. Finanzreferent Dobernig weist Waldners Kritik zurück. Die LIG habe bereits 2,5 Mio. Euro für die Sanierung des Museumsgebäudes eingeplant. Auch für SPÖ und BZÖ trägt Dobernig die Verantwortung für das desolate Landesmuseum. Die SPÖ fordert einen Landesgipfel zur Rettung von "Kärntens Schätzen". (Elisabeth Steiner, DER STANDARD, 27.11.2012)